[24] 9. Thronsaal
Altoum und sein Gefolge sind wie in Erwartung versammelt. Es ertönt ein Trauermarsch, von gedämpften Trommeln begleitet.
TARTAGLIA. Hört mir nur das klägliche Getrommel.
PANTALONE. O, o, es stimmt mich ganz weich. Es gemahn mich so sehr an die Lagunen. Er schluchzt. FRAUENCHOR hinter der Bühne. O! O!
TARTAGLIA. Etwas Ha-Haltung, Pa-Pantalone. Seid doch schließlich der Kanzler.
PANTALONE. Etwas Ha-Haltung käme Deiner Zunge zustatten, mein Herr Ta-Ta-Ta-Tartaglia.
TARTAGLIA. Ich drück' – ich drück' mich eben gebrochen aus.
[24] Inzwischen ziehen Turandot und ihr Gefolge ein, sämtlich mit Trauerschleiern behangen, in offenbarer Niedergeschlagenheit.
PANTALONE. Schaut nur die Prinzessin an, rudert daher als wie eine Trauergondel.
TARTAGLIA. Und der Ka-Kapaun läßt die Flügel hängen.
FRAUENCHOR. O!
Kalaf wird von Wachen hereingeführt.
KALAF. So bin ich noch am Leben! Und diese Trauerklänge, gelten sie mir?
ALTOUM. Mein Sohn, sie deuten ihre Niederlage. Es tut mir leid um sie – ist sie doch mein Kind! – doch eine Lehre verdiente sie längst.
Inzwischen haben Turandot und ihr Gefolge ihre Plätze eingenommen.
ALTOUM zu Turandot. Nun, meine Tochter ...?
TURANDOT. Diese Zeichen von Trauer sollten meiner Erniedrigung die äußeren Merkmale geben. Euch, Prinz, tönen sie als Siegesgesang.
KALAF. Nicht um den Preis Eures Leides möcht' ich gewinnen.
ALTOUM. Also laßt lustig aufspielen.
TARTAGLIA. Tschinellen.
PANTALONE. Dideldum.
TURANDOT nach einer Pause. Noch nicht, – die Rache mir süßer zu gestalten, führt' ich Euch sanft in die Irre. Nun aber starre in den Abgrund, der vor Dir sich auftut, und beweine Deinen Übermut. Hört, hört Ihr alle! Seinen Namen will ich Euch künden: Kalaf, Sohn des Timur, du bist entlassen.
10. Finale
ALTOUM düster. Vatermörderin!
CHOR. Kalaf! Sohn des Timur!
PANTALONE. Laßt Euch den Bart auszwicken, Tartaglia.
TARTAGLIA. Bei Gott![25]
KALAF. Verloren! ach, verloren! – So laßt mich ziehn. Im Wirrsal des Gefechtes suche ich den Tod, vielleicht Vergessenheit. Noch bin ich jung. Lebt wohl! lebt alle wohl! Er wendet sich zum Gehen.
TURANDOT. Nein, Kalaf. Ihn sanft am Arme zurückhaltend.
KALAF. Du?
TURANDOT. Ja, ich selbst, deren Seelen-Starrheit Du brachest. Nur scheintot lag mein Herz, nun schlägt es jauchzend. Du hast's erweckt, und mir gehörst Du zu, Kalaf, Timurs Sohn, nicht mehr ein fremder Prinz!
CHOR. Spricht so Turandot? Ist sie's?
KALAF. Das Außerordentliche, das Verheißungsvolle! Alles erfüllt sich. Meine Turandot!
CHOR. Ein Wunder! Ein Wunder!
ALTOUM. Kinder, das ist mein schönster Tag.
PANTALONE UND TARTAGLIA. Hochzeit, Hochzeit, Majestät!
TRUFFALDINO. Nun ist es aus, ich melde meinen Abschied. Ab.
ADELMA. Geduld. Ich werd' mir einen anderen suchen. Ab.
TURANDOT, KALAF UND CHOR abwechselnd.
Was ist's, das alle Menschen bindet,
Vor dem jedwede Kleinheit schwindet,
Wogegen Macht und List zerschlägt,
Das Geringes zum Erhab'nen prägt,
Das treibt den Kreislauf der ew'gen Weiten,
Umschließt die Gegensätzlichkeiten,
Das überdauert alle Triebe,
Das uns besiegte: ist die Liebe.
EUNUCHEN tanzend.
Hi, hi, hi, hi.
Turandot vertauscht den Trauerflor gegen einen Brautschleier. Kalaf anderer seits wird ein Ehrenmantel angelegt.
CHOR.
Freut euch! Freut euch!
La, la, la, la, la!
Enthüllet die Gottheit.[26]
Mädchen, freuet euch:
Nun ist die Hochzeit nah;
Glück und Licht
Spendet der neue Tag!
Ein Vorhang wird auseinandergezogen. Man erblickt die goldene Riesenstatue eines Buddha, davor einen Priester, Die Trauung wird vollzogen.
Ende.
Ausgewählte Ausgaben von
Turandot
|
Buchempfehlung
Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
196 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro