Dritte Scene.

[4] Haller. Winter.


HALLER poltert zur Thüre herein. Was tausend! Schon auf, junger Herr? Ey das muß man loben! Sieht sich im Zimmer um. Ha, ha, ich merke schon; ist noch gar nicht in's Bett gekommen – und so viel ich sehe, auch um das Letzte gepfändet worden? – Bravo – jetzt ist er so arm wie eine Kirchenmaus; jetzt kann er vollends gehen! Marsch, Junker Liederlich, aus meinem Hause – fort – fort, daß wir uns nie mehr sehen –

WINTER. Herr Onkel –

HALLER. Nichts Onkel!

WINTER. Bruder meiner edlen Mutter, so[4] verfahren Sie gegen einen Neffen aus Ihrem Blute –

HALLER. Was Blut! was Bruder, was Neffe, was Mutter – was geht mich sein Blut an? Weiß er, was heut zu Tag das wahre Blut ist? das wahre Blut, das alle Herzen hebt, das alle Adern durchzuckt, ist das Geld. Er hat sich verblutet, ergo hat er kein Geld. Wer kein Blut – also kein Geld hat, ist todt, und Totde leid' ich nicht in meinem Hause! Also fort!

WINTER. Wohlan, ich gehe! Ich ziehe aus deinem Hause, Unmensch – ich betrete deine Schwelle nie mehr, aber Emilie muß ich noch einmahl sehen. Ihren Anblick darfst du mir nicht verweigern.

HALLER. Warum nicht gar! Das ging mir noch ab! Meine Tochter darf mir schon gar keinen armen Schlucker ansehen.

WINTER. Ich will sie rufen! geht an die Thüre Emilie! Emilie!

HALLER drängt ihn zurück. Was ist das für eine Keckheit?

WINTER. Emilie! Emilie! Und wenn es mein Leben kosten sollte, ich muß sie sehen –

HALLER. Ich brech' ihm den Hals, wenn er nicht ruhig ist![5]

WINTER drängt ihn zurück und reißt die Thüre links auf. Emilie komm' noch ein Mahl heraus. –


Quelle:
Bäuerle, Adolf: Doctor Faust's Mantel. Ein Zauberspiel mit Gesang in zwey Acten. Wien 1819, S. 4-6.
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