Siebzehnte Scene.

[76] Vorige. Viktorl.


VIKTORL tritt leise herein. Ew. Enaden –

ZACHARIAS erschrickt und läßt das Tuch fallen. Was ist's?

VIKTORL. Ich bitt um Verzeihung, daß ich so herein tritt, ich hab meinen Zacharisel gesucht –

ZACHARIAS. O jerum mein Viktorl. Das ist g'scheid, die kennt mich nicht, weil ich so nobl ausseh! Hochdeutsch. Was will sie mein Kind?

VIKTORL. Ist mein Zacharisel ausgegangen?

ZACHARIAS. Ja ich glaube –

VIKTORL. Darf ich fragen, wohin denn?

ZACHARIAS. Ich glaub, er will sich inoculiren lassen.

VIKTORL. O mein Gott! Er ist ja schon zu alt dazu![76]

ZACHARIAS. Ja, er hat gesagt, er will sich statt Kuhpacken, Ochsenblattern einnimpfen lassen, das ist für seine Natur besser!

VIKTORL. Wenn er etwa stirbt, der arme Teufel ist schwach –

ZACHARIAS. Dann bin ich da und biethe dir meine Hand an –

VIKTORL. Jetzt gehens, ein so vornehmer Herr. Sie reden ja so hochdeutsch, daß ich Sie beynah' gar nicht versteh.

ZACHARIAS. Das macht nichts! Ich kann auch gemein reden wie ein Hausmeister –

VIKTORL. Und der schöne Anzug, das Gold. Ist das ein' Uniform?

ZACHARIAS. Nein, eine Livrée. Besinnt sich und schlägt sich auf den Mund. Ja, ja eine Uniform. Eine Gallauniform von dem neuen Stadtregiment Bretlhupfer-Infanterie! Ich bin Flügelmann dabey.

VIKTORL. Da muß ich wohl gar Ew. Durchlaucht sagen.

ZACHARIAS. Nein, bloß du. Besinnt sich. Ich bin nicht stolz – also Mädchen, kannst du mich lieben?

VIKTORL. Ich bin ja nicht frey –

ZACHARIAS. Hör auf, du Schelminn! Sieh mir in mein schmachtendes Auge! könntest du mir gut seyn?

VIKTORL. Warum denn nicht. Sie wären mir[77] auf jeden Fall lieber, als mein Zachariesel; der Kerl ist so dumm wie ein Kleiderstock –

ZACHARIAS. Was?

VIKTORL. Und ich bitt Ihnen, jetzt ist er 26 Jahr alt, und noch immer ein Lehrbub –

ZACHARIAS. Ha, Falsche, das sollst du büßen!

VIKTORL. Hören's, Ew. Gnaden, er ist ein Schuster, kann sich aber nicht einmahl die Stiefeln doppeln. –

ZACHARIAS laut. Nun wart, jetzt werd' ich dich doppeln –

VIKTORL erkennt ihn. Was seh ich?

ZACHARIAS komisch zornig. Einen Tyrannen! Das ist deine Liebe zu mir? Geht wüthend auf und ab. Ich bin so dumm wie ein Kleiderstock, noch immer ein Lehrbub, und kann mir nicht einmahl die Stiefeln doppeln? Ha! das schreyt nicht, das brüllt um Rache! Fort von hier!! Treu-Vier-Fünf-Lose! Wie du mich anschaust, bin ich ein Bedienter, in wirklichen Diensten bey einem Cavalier, darf Speisen auftragen, und essen was über bleibt; darf im Vorzimmer zuhören, wenn bey der Herrschaft Musik ist, darf hinfahren, wo der Kutscher will, nur muß ich hint aufstehen, kann bey der Nacht in einem Herrschaftshaus schlafen, und hab so gut ein Portier beym Thor wie mein Herr – doch ich zieh[78] jetzt meine Hand von dir, und seh dich nie mehr an.

VIKT bittet. Zachariesel! lieber Zachariesel!

ZACHARIAS. Viktorl heiß ich – ich will sagen Chretien! Bitte mich nicht. Da schau den Reichthum an. Öffnet das Tuch auf der Erde. Alles das gehört mein, mein Herr hat mir's geschenkt. Aber nichts brauch ich jetzt, nichts! – ich verstoße dich und alle unsere künftigen Kinder –

VIKTORT. Zacharisel, sey nur kein Narr, ich nimm ja alles wieder zurück. Schau, ich hab dich auch als gnädiger Herrn für einen Dalken gehalten und hab dich gefoppt, weil mein Herz von dir nie lassen kann – Zachariesel, wer könnt dir denn Feind seyn, wennst so viel Geld hast?

ZACHARIAS. Das glaub ich selber; also hast mich wirklich für einen Dalken gehalten?

VIKTORL. So wahr ich leb!

ZACHARIAS. Wie glücklich bin ich! Ha, ich habe dich geprüft. Nun bist du mir doppelt werth. Komm an mein Herz, du treue Seel. Nun soll uns nichts mehr scheiden, als der Tod. Er umarmt sie. O mein Viktorl!

VIKTORL. O mein Zacharisel![79]


Quelle:
Bäuerle, Adolf: Doctor Faust's Mantel. Ein Zauberspiel mit Gesang in zwey Acten. Wien 1819, S. 76-80.
Lizenz:
Kategorien: