Tantz nach Art der Pohlen

[107] Vor 1642.


Die Ihr jetzt seyt erschienen

Zu vnsrer Fröligkeit,

Was kan euch besser dienen

Bey dieser kalten Zeit,

Alß daß Ihr theils im Tantzen

Euch übt, wie ich zwar thue,

Theils auch mit Gläser schantzen

Setzt auff einander zu?


Ihr Jungfern vnd Gesellen,

Man fordert euch hervor,

Kommt, kommt euch ein-zustellen,

Es winckt der gantze Chor,

Vnd sagen die Schalmeyen

Daß dieß der Braut-Tantz sey,

Ihr steht im ersten Reyen,

Kommt, findet euch herbey!
[107]

Hat jemand nun im Hertzen

Beschlossen, die er liebt,

Der thu' er kundt die Schmertzen

Vnd was Ihn nur betrübt,

Hie mag er sich besprechen

So gut er immer kan,

Er sage sein Gebrechen

Getrost der Liebsten an;


Er rede mit den Augen,

Mit Seuftzen ohne Ziel,

Vnd was zum Vor-trab taugen

Mag in dem Liebes Spiel:

Durch süsses Hände-Küssen,

Vnd was jhm sonst bekandt,

Lass' er der Liebsten wissen

Der Liebe grossen Brandt.


Dann auch ihr Herrn vnd Frawen,

Die Ihr vns gutes gönnt,

Kompt, lasset jetzund schawen,

Daß ihr auch tantzen könnt!

Legt ewren Gram was nieder,

Den schlawen Lebens-Dieb!

Offt haben alte Glieder

Noch junge Freiheit lieb.


Die aber nicht zu lencken

Noch auff-zu-bringen seyn,

Die lassen sich beschencken

Mit gutem Bier vnd Wein:

Geht, Blasien, schenckt die Mandel

Der Gläser frisch vnd voll!

Ihr wisst in diesem Handel

Des Hofes Ordnung wol.


Verzeiht mir noch daneben,

Ihr Herren, daß ich geh'!

Ihr seht, mir winckt mein Leben,

Weil ich im Tantze steh'.

Ich geb' euch zu erkennen,

Nembt Ihr es ab an euch:

Ob nicht mein Hertz mag brennen

Dem Kattich-Fewer gleich?


In der sich meine Seele

Hat gantz vnd gar verirrt,

Von der mich kaum die Höle

Des Grabes trennen wird:

Solt' ich mit der nicht tantzen?

So hätt' es diesen Schein,

Als solte schon das Pflantzen

Der Lieb' erstorben seyn?


So lang' es, meine Sonne,

Mir warm zum Hertzen geht,

Solt Ihr seyn meine Wonne;

Ich hab' in mir erhöht

Ein Schloss für euch, darinnen

Ihr Ewig herrschen solt,

Hie könnt ihr meinen Sinnen

Gebieten wie ihr wolt.


So last euch nun zu Ehren

Vnß vnd der gantzen Schaar,

Ihr Musicanten, hören

Vnd macht es offenbahr:

Daß mich vor allen Leiden

Die Lieb' jetzt hat verschantzt,

Vnd daß in solchen Frewden

Ich nie vorhin getantzt.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 107-108.
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