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[297] Herr, daß überschickte Thier
Hab ich schon erwürgt allhier
Vnd es gut befunden,
So viel Tropffen Bluts es hegt,
So viel sey dir zugelegt
Hievor gutter Stunden.
Aber daß gehörnte Wort
Waß kompt es mir stets an Bort?
Vnd waß hör ich sagen?
Hörner stehen mir nicht an,
Laß sie lieben, wer sie kan
Vnd, wer wil, sie tragen.
[297]
Ist vorhin mein Kopff den leer?
Nicht vorhin von Reimen schwer,
Daß ich möcht erliegen?
Verse machen offt mich toll
Vnd so grillisch, daß ich woll
Möchte Hörner kriegen.
Sonst enthörn ich mannigmahl
Der Bacchanten grosse Zahl,
Nicht wie jener eben,
Der vom Sohn die Hörner bracht
Vnd dem Vater sie die Nacht
Wieder pflag zu geben.
Geb ich aber endlich auch
Wieder Willen, Muht vnd Brauch
Einen Horngenossen,
Wol, tragt aber meiner Schew,
Warumb daß? mein Horn hat Hew
Vnd kan hefftig stossen.
Niemand, raht ich, reitze mich,
Man mach an die Kefer sich
Eh als an Poeten,
Weh dem über alle maß,
Den ich auff die Hörner faß,
Er hat Trost von nöhten.
Und waß solten in gemein
Hörner einem schimpfflich seyn?
Bacchus, recht zu sagen,
Der biß durch den Ganges drang,
Alß er Indien bezwang,
Hat sie selbst getragen.
Waß? Philippus grosser Sohn
Hielte sie erst für den Lohn
Seiner strengen Thaten,
Ließ sich Jovis Ammons Kind
Nennen von dem Hoffgesind
Vnd von den Soldaten.
Mehr, die Junckerhöff allhier
Wollen gern das schwartze Bier
Nur aus Hörnern leeren:
Ob nun mancher auch dabey
Ein gehörntes Thierchen sey,
Kan ich nicht bewehren.
Lach, Herr Hauptmann, nicht zu viel,
Hörner sind kein Kinderspiel,
Wer sie nicht kan meiden,
Nun, was hat der arme Schuld,
Sein Verbrechen ist Gedult,
Hierumb muß er leiden.
Eines ist nach meinem Sinn
Noch sein Vortheil vnd Gewinn,
Daß er sich kan frewen,
Daß ohn seine Müh vnd Krafft
Er zu mancher Schwägerschafft
Hiedurch kan gedeyen.
Ich vergesse mich beynah,
Horn mir hie vnd Horn mir da,
Zahlt dieß meine Schulden?
Herr, soll mir es besser seyn,
Schick auff den Befehl mir ein
Die vierhundert Gulden.
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