Das Heiligtum der Musen

[139] Ich sah im Traum Apollos Tempelhallen;

doch ringsum hört' ich dumpfe Donner grollen,

und sah vom bleichen First – wie Thränen rollen –

die letzten schwachen Sonnenlichter fallen.


Herab zu mir – wie Trauerflore wallen –

der schroffen Felsen trübe Schatten quollen;

es schaufelte der Sturm die Wolkenschollen,

als wollt' er türmend draus ein Grabmal ballen.
[139]

Und ich verstand des Gottes Gram und Zorn

und schöpfte Mut aus seinem heil'gen Born

und klomm empor aus meinen Finsternissen,


und flehend warf ich mich vor seinen Thron:

Erhöre, großer Vater deinen Sohn –

vergieb den Armen, die von Dir nicht wissen!

Quelle:
Richard Dehmel: Erlösungen, Stuttgart 1891, S. 139-140.
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