Das Schloß

[63] Ich bin arm, du bist reich,

darum bau ich dir ein Schloß

aus meinen purpurnsten Träumen.

Das steht am grauen Nordseedeich,

wo die funkelndsten Wellen schäumen.


Denn unsre Liebe ist so groß,

daß die ganze Welt mir ein Spiel ist,

und alle Meere um unser Schloß

erschauern, was mein Ziel ist.


Mein Ziel ist eine tiefe Nacht,

wir schwimmen auf unserm Schlosse,

und die Wellen springen an unsre Yacht

wie trunken schreiende Rosse.
[64]

Und ich laß ein brandrotes Nordlicht scheinen,

du liegst vor mir in Flammen,

und unser glühendes Schloß stürzt ein,

und wir stürzen mit ihm zusammen

und ertrinken –


Quelle:
Richard Dehmel: Weib und Welt, Berlin 1896, S. 63-65.
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