2.

[91] Wenn eine Reise lange währt,

Die Passagiere mürrisch werden,

Wie da mit Worten und Geberden

So mancher aus der Rolle fährt,

Der selbstgewählten, unhaltbaren,

Sich seiner Blöße nicht mehr schämt,

Statt dem, der sich im stillen grämt,

Die neue Prüfung zu ersparen.


Die großen Schmerzen sind verscheucht;

Nun gilt es, ruhig auszuharren[91]

Bei kleinen Plagen: die Cigarren

Zum Beispiel werden immer feucht;

Die derbe Kost nicht zu vergessen,

Das Rollen, der konträre Wind –

Kurz, einer Schiffskajüte sind

Die Freuden sparsam zugemessen.


Und ist vielleicht man, obendrein,

Genötigt, durch Korallenriffe

Auf tiefbeladnem leckem Schiffe

Sich nachts bei mattem Sternenschein

Und starker Strömung durchzuwinden –

Treulose See! Da mag fürwahr

An so romantischer Gefahr

Ein andrer sein Vergnügen finden.

Quelle:
Ludwig Ferdinand Schmid: Dranmor’s Gesammelte Dichtungen, Frauenfeld 41900, S. 91-92.
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