XLIX.

Von einer Hirnschale, welche durch eine Verwundung sich bis zur Helfte in Schiefern abgesondert hatte.

[108] Anno 1688. im Monat October, gieng eine arme Frau aus dem Kranken-Spital, nachdem sie länger als zwey Jahr an einer durch einen Fall verursachten Verwundung am Kopf darinnen krank gelegen war. Es hatten sich in dem Verfolg ihrer Cur, der obere Theil des Stirn-Beins, die beyden ganzen Wandbeine und ein grosser Theil des Hinterhaupts, so dick als sie waren, zerschiefert,[108] und sich solchergestalt abgerissen, daß diese Schieferung einer Hirnschale gleichte, die man mit Fleiß entzwey gesäget, und von dem übrigen Theil abgetrennet hat. Viele Leute konnten nicht glauben, daß diese obenbenannten Stücke eine wirkliche schieferichte Absonderung wäre, und gaben seiner armen Frau einiges Allmosen, damit sie den obern Theil ihres Kopfes zeigte, den sie mit einem Kürbis-Boden bedeckte. Man sahe an dem Ort, wo diese Gebeine sich abgelöset hatten, wie das harte Hirnhäutgen schluge, welches nur mit einem ganz kleinen Häutgen bedecket war, aus welchem von Zeit zu Zeit kleine Bläsgen aufstiegen, die mit einer röthlichen Feuchtigkeit angefüllet waren, welche kleine Geschwüre, die schwer zu heilen waren, verursachte, so daß die Narbe dieser Wunde nicht eher als drey Jahr nach der Schieferung gänzlich gestärket war. Es geschahe, daß sie einstmalen, da sie jemand an diesem Ort etwas stark angefühlet hatte, schrie, daß sie tausend brennende Lichter sähe.


Anat. de Palsin, Tom. 2. p. 166

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 108-109.
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