II.


Thales von Mileto.

[386] In aller sünd vnd missethat /

Dich selbs am meysten förcht / gerad.

Als werestu selbs richter / der

Dich straffen würde nach der schwer.

Das lebn ist ein vergengklich ding /

Es hat sein end / wie sichs anfieng.

Zucht aber / tugent / ehr vnd rhům /

Bleibt ewig in seim eygenthumb.

Nichts nützers hie auff erden ist /

Dann halte maß zu aller frist.

Denn bald mann jm zu vile thůt /

Bringt es kein frommen / noch kein gůt.

Gott nit alleyn sicht / was du thůst /

Sonder was du auch denckest sust.

Befleiß dich nit auff schöne gstalt /

Sondern daß dein hertz schon sei gmalt.

Sich lernen selbs erkennen wol /

Ist warlich müh vnd arbeyt vol.

Was du an andern tadeln thůst /

Sich / daß auch dich des selbn nicht glust.

Wie du gegen deim vatter dich

Erzeygst vnd heltst / so werden sich

Auch deine kinder gegen dir

Verhalten / das glaub endtlich mir.

Alt leut die aller ehren werdt /

Solln allzeit von dir werden geehat.

Wer sein Oberkeyt in ehren hat /

Der ehrt Gott selbs. Drumb ist mein rath

Mann thů jr gůtes / als mann sol /

Dasselb gfellt Gott im himel wol.

Noch hab ich einen spruch / dem solt

Ihr warlich sein von hertzen holdt.

Der laut also: Wilt schadloß sein /

Vnd bleiben bei ehr vnd gütern dein /

So hüt dich / daß du für iemand

Versprechest was mit deiner hand.

Gott gsegen euch jr lieben herrn /

Halt glerte leut vnd künst in ehrn.

Kein höher schmuck auff erden ist /

Glaubt mir / ich sags on allen list /

Denn wer für andern etwas kan /

Den mag mann nenn einn Edelman.

Damit kan mann sich auch mit ehrn /

Auffrichtig vnd gar leicht ernern.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 386.
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