[137] Ihn will ich schauen
Den tiefen blauen
Südlichen Himmel!
Das reine, ewige Azur,
Das blaue Meer der Wonne,
Darinnen prächtig blitzt
Die goldne Mittagssonne.
O Wonn, o Wonne!
Ich ruht im kühlen Schattengrün
Bei Freund und Liebchen und Gesang,
Und Worte, geisteskühn,
Kuß und Klang
Sprudelten durch die Blumen hin.
Grüßende Augen,
Grüßender Wein
Goldener kreiset im holden Verein!
[137]
Buche weht lieblichen Duft,
Linde würzt schmeichelnde Luft,
Waldvögelein ruft,
Die Wasser rauschen durch Berg und Kluft.
O Wonn, o Wonne!
Seele, du freue dich,
Lachendes Herz, erquicke dich!
Und du versöhnter,
Neuaufathmender Geist,
Herrlich entfalte dich!
Die Freud allein,
Die Lust und Lieb allein,
Strahlende Heiterkeit
Ist der bewegende Gott
In Menschenbrust –
Machet sie weit,
Machet sie stark,
Hier nur ist Leben,
Hier Gedeihn.
Zum tiefen blauen
Azurnen Himmel
Lasset uns schauen!
Also von Wolken rein,
Rein vom Nebel der Sorge,[138]
Rein vom feuchten Kummer,
Von düstrer Entsagung
Sei die Seele, sie sei
Heiter in lachender Menschenbrust!
Jammer und Noth und Qual
Wirket das Widrige,
Die Kraft der Verzweiflung
Fürchterlich nur,
Grausam nur ist sie,
Zeuget das Schreckliche.
Der Wolken grollen,
Donnerrollen,
Der grasse Schein,
Zernichtender Wetterschlag
Schaffet wohl endlichen Tag –
Aber nur dieser,
Leuchtender, freundlicher Tag
Ist auch der dauernde.
Stark allein und mächtig
Machet das Glück!
Nur der fröhliche Geist
Wird das Unsterbliche thun,
Das Weltentzückende,
Edle und Ewige.[139]
Segen dem Wein.
Segen der Liebe!
Wer sie vertriebe,
Löschte den Sonnenschein.
Komm Freund,
Wein, Liebchen, komm Gesang!
Kuß und Klang!
Froh rausche, Strom, das Thal entlang!
Wo sind sie, die Schmerzen?
Thut auf euch, ihr Herzen,
Thut auf euch, ihr Augen,
Zu spiegeln, zu saugen
Das süße Dasein nur!
Der Wein vermähle
Geist, Herz, Natur
Zu einer Seele..
O Wonn, o Wonne!
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