Volkston

[40] In einer Nacht, einer finstern Nacht

Hat eine arme Mutter

Ihren Buben umgebracht.


In einem kalten, vielnassen See

Das Büblein liegt begraben,

Thut ihm kein Zahn mehr weh.


Du armer Tropf, nun hast du's gut!

Die Mutter dankt im Herzen

Der schweigsamen Fluth.


Da war ein lauwarmer Wintertag,

Am tannengrünen Ufer

Das Büblein oben lag.


Ein Waidmann strich im wüsten Wald,

Sein Hund begunn zu bellen,

Da sah er's Büblein bald.


Die Menschen liefen aus der Stadt,

Sie sahn sich die Guckaugen

Am Büblein nimmer satt.


Das Weib erschrack: nun sag' mir an,

Heimtückisches Gewässer,

Was hast du mir gethan?


Die Mutter sperrten sie wohl ein.

Der See, der hat geschwiegen

Und es könnt' auch anders sein.

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Lyrische Karrikaturen, Lahr 1869, S. 40-41.
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