Das Fünff und viertzigst Capitel.
Wie der Mönch seinen Gefährten ein Hertz macht, und an eim Baum hieng daß es kracht.

[370] Nun wolan, glück zu, sie ziehen hin die edele Kämpffer, auff gute abentheur, gelegenheit zuerspehen, daß sie die schreckliche grosse Schlacht antretten: der Mönch aber redet ihnen einen mut ein, sprechend. Ihr meine Söhn, scheuet noch förchtet euch nicht, ich will euch sicher führen, besser als der Widertäufferisch Moses der Müntzer seine Bauren. Gott unnd S. Benedict sey mit uns, S. Benedict für mich, Gott für euch. Wann ich so viel stärck als muht het, botz krisam, ich wolt sie euch all wie ein Antvogel beropffen, unnd ihnen recht die Feibel schneiden, daß ihnen nach Gott unnd der Welt weh müßt sein: ich wolt sie lehren an Gott glauben, der Teuffel holt sie dann: Ich förchf nichts als das geschütz, doch weiß ich ein Segen dafür, welchen mir unsers Klosters Custor geben hat, hieß Clemens, aber Clemens non Papa, auch nicht der Musicus, der heilt allen Brandt: aber 20 mich wird er nit helffen, dann ich setz kein glauben drauff: es möcht mir sonst gehn wie dem Spanier, der, wie die Sachssen sagen, ein Schußsegen hat, aber kein Bußsegen, da ihn der Hofman mit dem Fäustling über den Caball abschmiß, der kont ihm den Segen auffthun: oder wie des Ovidii Cigno und Ceneo, die Wundsegen hatten, aber kein wurff noch stoßsegen, für Bäum, Stangen, unnd Stoßdegen: was halff es den Hörnin Sigfrid, das er fornen hörnin war, und am rucken zuerstechen gar, fornen beschlossen, hinden erschossen: allenthalb gesund, ohn unter dem hütlin: am haupt verwart, am Latz verfart: am bauch groß, hinden bloß: darumb that der Holländer recht, da er im sinn zufliehen hat ehe er antrat, macht er ein Pantzerfleck auff die Hirßhäutin Arßbacken, meint das Hertz steck daselbs, da der Leib am weichsten, dicksten und geschwollenesten, unnd wie das Sauhertz getheilt wer: Ihr wüßt, ein wurff auß der Hand, ist ins Teuffels hand: die Schuß unnd würff seind mißlich, wie die griff bei Nacht, das erfuhr wol jene Magd, deren der Scherer wolt zum Aug greiffen, und griff, daß ihn die Frantzosen[371] bestanden, es geht ihr noch nach, der frommen Dochter.

Aber ich getröst mich meiner Kreutzstangen, mit deren will ich den Teuffel anstellen: Bei dem steinen kreutz, solt einer Ridror auß euch machen, so wolt ich ihn, oder ich sey ungerecht, zu eim Mönch an mein statt machen, und ihm meine Kuttenhalffter auffnesteln, an werften, auffsatteln und anzäumen, wie Mönch Illzan seinen Brüdern die Rosenkräntz aufsetzt: sie ist ein Artzeney für faule Leut. Habt ihr nie von des Herren von Meurles Windhund gehört, der wolt nichts im Feld daugen, biß er ihm ein Mönchskapp umbthat, da entlieft ihm bei dem kreutz Gotts weder Haß noch Fuchs, Unnd welchs mehr ist, ward mit allen Precken und Zatzen im gantzen Land läuffig, da er zuvor Nierenloß und de frigidis & maleficiatis war. Ein Latz auß einer Mönchskutten geschnitten, ist allzeit geilart. Nach dem der Mönch solche wort im zorn geredt, rant er unter ein Nußbaum, unnd behieng gleich mit des Helms visier an eim verwirrten kraspeligem ast: Gleichwol ergrimmt, stach er das Pferd noch an, welches ungewohnt der Sporen, noch mehr forttrang, unnd ihn mehr verhafftet: der Mönch, das visier zuledigen, ließ den zaum gehn, und hieng sich mit der Hand an den Ast, also daß das Roß unter ihm weg lieff: da blib mein schöner Mönch am Nußbaum hencken, wie ein anderer Dannzapff, oder wie Hauptmann Schnackenstecherlein inn der Spinnwepp: da schrey und rufft er hilffio, rettio, schelmio, dibio, unnd protestiert sich der verrhäterey, wa sie ihn verliessen: Jungherr Artichwol ward es am ersten gewar, rufft dem Gargantua, Herr, Herr, kompt, secht einen Mönchischen Absalon hencken. Gargantua kam, und sahe, inn was gelegenheit der Kuttensack da hieng, unnd sprach zum Artsichwol, Du hasts mächtig schön mit der Nasen auff den Ermel getroffen, daß ihn dem Absalon vergleichest: dann Absalon behieng an Haaren, so behenckt dieser beschoren Mönch bei den Oren: hei der schönen langen Walnuß, da eß kein Schwab kein Kern drauß: was würden die Frisischen Bauren da thun, wann sie diß frembd Obs an ihren Bäumen sehen, gewiß auch darfür auff die knie fallen, unnd Gott für die frembd Frucht eben so sehr dancken, wie damals, als sie die Spanische Geseßlin sampt dem inhalt an ihren Bäumen hangen sahen[372] für Spanischen Pfeffer: hie unten solten die Nonnen stehn, die gern lange dinger sehen. Also soll man die Mönch Mertzen unnd inn Lufft hencken, so fressen sie keine Maden: Hett mans des Königs in Franckreich Beichtvatter bei zeiten gethan so hett er seinen König nicht erstochen, gleich wie jener PredigerMönch seinen Keyser im Sacrament hat vergeben. Aber botz Murrners guckguck, was sehe ich, du hast ein krummen Latz, bist außgethan. Was darff es viel schnatterens, sprach der Mönch, helffet mir für tausent Teuffel helffet mir: es ist hie nit spottens zeit. Ihr mant mich an die Decretalistische Prediger, die sagen, wann einer seinen Freund in nöten sieht, soll er ihn bei trisulckischer treispitzstraliger bannung viel eher zubeiditen vermanen, als ihm helffen: ha nun, fallen mir dann solche gesellen einmal in bach, und an dem seind, daß sie jetzt ersauffen wollen, so will ich ihnen an stat der handreichung und rettung, ein weil ein lange Sermon von absterbung der Welt, de contemptu mundi & fuga seculi daher halten: Und wann sie dann rack tod sint, sie beicht hören, und ein schöne Leichpredig nachhalten: Dann man belohnt heut die Leichpredigen eben so wol als die Seelmessen: auch diesen Predigkrausen, die es andern verbotten. Hör Bruder Jan, sprach Keibkamp, nicht verwendt dich mein liebs Mänlin, bei Jobs Hunden, du bist ein rechter Edeler lustiger kleiner Monachus. Monachus in claustro non valet ova duo: Sed quando est extra, benèvalet triginta: ein strenger Klostermeier, gilt nit zwey faul Eyer, aber außerhalb, gilt er treissig halb: jederman ein Ey, hie unserm Schweppermann zwey. Ich hab wol bei fünffhundert sehen hencken, aber keinen nie, dem es so wol angestanden: unnd stünd es mir so wol an, ich hieng all mein lebenlang dran.

Die trüß auff deinen kopff, sprach der Mönch, und das gesperr inn den kropff, hang immer hin, ich will dir zusehen, wann habt ihr einmahl außgeprediget? es überred mich keiner daß hencken wol thut, sie würden sonst pfeiffen: ich schenckt auch, wie jener Dieb, dem Meister Fröschlin von Wittenberg die Irten, das er dort das Mahl für mich eß, wann ers gern eß: Na, na, genug von dem, sat, sat, wann man genug hat: helfft mir darfür umb Gotts willen, wolt ihrs umb[373] keins andern willen thun: bei dem geweiheten Kleid das ich trag, und bei meiner heiligen Kreutzstangen, ihr solts entgelten tempore & loco prælibatis.

Darauff stig Kampkeib von seim Gaul, klettert auf den Baum, faßt mit der einen hand den Mönch bei dem Halßkragen, hub ihn auff: und mit der andern arbeitet er ihm das Visier auß dem asthacken, und ließ ihn also hinab fallen, unnd ful er hernach, beide auff die füß wie die Katzen und wie die bleiene holderzwerglin. So bald der Mönch hieunden war, riß er den Harnisch selbs vom Leib, warff ein stuck nach dem andern dort ins Feld hinauß, unnd wider zu seiner Kreutzstangen, mit der macht er ein auffhebens, und satzt sich wider zu Pferd, welchs unter deß der Wolartig ihm auffgefangen hat. Stutzten damit lustig fort, und ließen den Nußbaum zur gedechtnuß an dem ort. Unterwegen, ehe sie den feind antraffen, hatten sie mit einander ihr gefatz. Keibkamp fieng ein Liedlein an: Es ist ein Mönch vom Baum gefallen, Ich hab ihn hören plumpen. Ach daß ihm pring kein schad das knallen, Er könt sonst nicht mehr gumpen, Hibe ha wol zumpen. Kanst auch, sagt der Mönch, das Lied, Der Gauch hat sich zu todt gefallen, von jenem hohen zaune: etc. Nit vil darvon, sagt Keibkamp, Aber solstu der Gäuchin gefallen, so werstu kein Capaune. Inn deß fragt einer den Bruder von der gemalten Kreutzstangen: warumb man sag, Ein Convent mit Brüdern, leb lenger als zwey Fänlein Lantzknecht: Was solts thun, antwort der Mönch, es schlägt ihnen kein kälte darzu, und haben gewisse Metten und Vesperzeit wann mans thu, bei hitz sind sie in der küle, im schatten, in der kälten stecken sie warm in den betten, im Sommer trincken sie auß gekürten Fläschen, im Herbst auß den mostigen Krausen, im Winter auß den Gläsern. Oho, solt nit einer auch da wünschen, wie Claus Narr, daß einer ein Mönch wer, auff daß er auch ein Kleid trüg wie ein Narr. Was schad eim die Narrenweiß, wann sie einen nur speißt, Nennet man doch die besten Leck und Lebkuchen Narrenbrot. Darumb ist kein wunder, das die Kriegsknecht den Klöstern so gefähr seind, das macht, der Hund ligt inn der Krippen. Weil der Löw unnd der Bär umb die Geiß sich müd stritten, inn des kam der Fuchs und stall die Geiß: also genießt der listig[374] fremder müh Ja, sagt Gurgelstrossa, was sagt aber dort der Hund, da er nit mehr inn Regen wolt, Man hat mich einmal mit heißwasser beschütt, seidher komm ich inns kalt nit: es gilt kein Arglist, wo sich find Märcklist: Mir nicht wie dem Hirten, dem die Säu unter des er ihnen die Eicheln vom Baum schüttelt, zerrissen den Küttel. Aber gemach inn die Kolen geblasen, so fährt dir kein staub in die Nasen: Secht da, der ist genug gestäubt, als käm er vom Eschermittwoch, und dieser da, ist von der bleich gelauffen, darumb ist er so schwartz gebliben: Secht da, wie beissen disen die angstläuß, der feind ist gewiß nicht weit: Solch unnd anderst gesprech triben sie unter wegen, biß sie dem Feind kamen entgegen.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 370-375.
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