Achtes Capitel.

Die Bauermaske.

[214] »Aber wer war denn die Bauermaske, die Sie beständig verfolgte?« – sagte ich, als wir zum funfzigsten Male von der Redoute sprachen.

»Hast du's auch bemerkt? Es war ein unbescheidener Mensch!« –

»Er that, als ob er zu Ihnen gehörte.« –

»Ich habe in meinem Leben keinen so zudringlichen Bengel gesehen. Er setzte sich neben uns, und war nicht los zu werden.«

»Es ist doch wohl einer von Ihren Freunden gewesen?«[215]

»Unmöglich – sein Gang und seine Statur waren mir völlig unbekannt. Ich vermuthe vielmehr« –

»Wegen der Fräulein vielleicht?« –

»So etwas. – Sie sagte mir von einem gewissen Kammerherrn, der ihr unleidlich wäre. Wenigstens schien er seinen Gang zu haben. – Ich wurde am Ende so aufgebracht, daß ich's dem Offizier von der Wache sagen wollte. Die Fräulein bat mich aber, um unerkannt zu bleiben.« –

»Wie Sie tanzten, stand er gerade hinter mir, und griff mir einigemal an den Arm. Als ich mich umdrehte, nickte er, und ich sahe ihn nicht weiter an.« –

»Er wird vermuthlich gedacht haben, ich bin's gewesen.«

»Vermuthlich, weil er ihre Maske erfahren hat.«[216]

»Er visirt schon lange auf die Fräulein. Ich habe ihn mehrmals dort gesehen, aber er ist ihr unausstehlich. Wenn er nicht mit dem Minister verwandt wäre, hätte man ihm schon längst die Thüre gewiesen.« –

»Aber wie muß er Sie denn errathen haben?«

»Das weiß der Himmel! – Ob er die Fräulein am Tanzen erkannt hat! – Ich vermuthe beynahe.« –

»Und denn hat er mit aller Gewalt wissen wollen, wer sie wäre?« –

»Er trieb es bis zum Aeußersten. Als wir einmal am Büffet waren, drängte er sich auch hinzu, und sah mir beym Trinken gerade ins Gesicht; ich ließ aber den Flor fallen, gab ihm einen derben Stoß, und drehte mich um.« –

»Er hätte nun wohl sehen können, sollte man denken« –[217]

»Nichts weniger; er ließ sich nicht irre machen. Als wir einmal im Nebenzimmer mit einander saßen, ging er immer vor uns auf und ab, und sah uns unaufhörlich an. Wäre nur die Fräulein nicht gewesen, ich hätte ihm wollen Mores lehren.« –

»Aber Sie kannten ihn ja nicht?« –

»Gleichviel! Und wüßte ich nur gewiß, daß er's gewesen wäre, ich wollte den verdammten Kerl sammt seinen Schlüssel! – So eine Impertinenz!« –

Ich sah den Junker hitzig werden, und hielt's fürs beste, abzubrechen. – »Der gute Herr Kammerherr!« – dachte ich – »sind eifersüchtig! Aber Sie mögen sich nur vor dem Junker in Acht nehmen, der versteht keinen Spas.«

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 214-218.
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