Viertes Kapitel.

[164] Gott Lob! fuhr sie fort: daß ich Sie dasmal überzeugen kann. Ich habe gethan, als ob ich ihn anhörte, und ihn nach Mitternacht in den Garten bestellt. – Ziehen Sie meine Deshabille an, und Sie werden den Schurken ertappen.

Er: Warte, warte, du Bube! – Warte, ich will dich finden! – Wo ist das Kleid? – Geben Sie her! – So! – Auch die Nachthaube! – Jetzt will ich meinen Degen holen! – Ich sehe, Sie sind ein ehrliches Weib!

Sie: Und wenn er noch nicht da sein sollte, gnädiger Herr, so warten Sie nur; er kommt ganz gewiß.

[164] Er: Schon gut, schon gut!

Sie: Sie dürfen nur dreimal husten, das ist das abgeredete Zeichen.

Er: So, so! – (hustet) Ist's das?

Sie: Vollkommen! O gnädiger Herr, wie will ich mich freuen, wenn Sie den Buben ertappen!

Er: Lassen Sie mich nur machen! Ich will ihm das Handwerk schon legen.

Der alte Herr eilte fort, so schnell als er konnte. Julie sprang aus dem Bette, riegelte die Thüre zu, und Soller lag in ihren Armen.

Ach, was hast du mich erschreckt! rief er: liebes listiges Weib! – Wie gut! Wie passend! – Sie erwiederte nichts; seine Liebkosungen schlossen ihr den Mund. Er genoß im reichsten Maße, was zwei Liebende so glücklich macht, und Julie lernte zum erstenmale die Wollust des Himmels kennen.

Eine Viertelstunde war so in süßen Spielen vergangen; endlich schob sie ihn sanft an ihre Seite. – Genug, du Schwelger! Jetzt laß uns auf das Nachspiel denken.

Er: Der alte Mann wird lauern.

Sie: Du mußt ihn ablösen, und ihn von deiner Treue überzeugen.

Er: Halt, süßes Weib! Ich verstehe dich.[165] – Wo ist mein Rohr? – Laß mich machen! – Noch einen Kuß, und er schlich in den Garten.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 164-166.
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