65. An Panomfen

[519] Es geht mir gleich wie dir. Wir haben gleiche Freuden

und gleiche Schmerzen auch. Was uns bei Nacht' ergetzt,

das eben ists, das aus den müden Tag verletzt.

Je süßer ist die Lust, je herber ist das Leiden.


Panomfe, das kömt her, daß wir uns also meiden.

daß Keines unter uns ins Andre Treue setzt,

daß Keins dem Andern sich an Liebe gleiche schätzt.

Drum wollen wir auch stets beisammen sein und scheiden.
[519]

Lieb, wie kan dieses sein? Was schweiget doch dein Mund?

Eins deiner Augen nur verrät dein ganzes Herze.

Drum rate dir und mir und unsrer beider Schmerze.


Was dich macht frisch und krank, macht mich krank und gesund.

Wilt du, als wie ich will, so ist gut Rat der Sachen:

Laß uns nur wachend tun, was wir im Schlafe machen.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 519-520.
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