Auf mein langwüriges Unglück

[88] Die1 Warheit saget selbst in diesem Freudenspiele /

daß / eh der Tag vergeht / die Tugend siegen soll

mit samt der Dapferkeit / und werden Freuden voll.

Ach! das mein Vngelück auch wär bey seinem Ziele /

vor Zornes-Donner / mir ein Gnaden Strahl her fiele!

daß ich nur einst erführ' / wie über Irdisch wol

das Gut' auf Böses schmeck; das deinen Hasses groll /

O unbarmherzigs Glück / dein Muht an mir nicht kühle.

Soll denn die Warheit selbst bey mir unwarhafft seyn /

unüberwindlich auch mein Vnglück nur allein?

Ach! so befihl' ichs dem / der alle Sachen lenket /

das sie doch endlich gut / wie böß sie sehn / ausgehn.

Sein Raht (tobt Höll und Welt / ) muß doch zu letzt geschehn.

Leicht hat Gott zu erhöhn im Sinn / weil er versenket!

Fußnoten

1 Die Warheit redet in einem an Keyserl. Hof gehaltenen Schauspiel / von der verspotteten Zauberkunst.


Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 88-89.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte