Auf die Begebniß / mit dem Cananeischen Weiblein

[123] Ach seht die selbste Güt' in Tyger-Haut verkleidet!

die bunten Mackel seyn / die harten Schröcke-wort:

wer hat je von dem Lamm ein Löw-gebrüll erhört?

sein selbstheit jetz mehr Angst / als in dem sterben / leidet.

Viel leichter seine Macht / als seine Güt' / Er meidet.

Es wallet Lieb-bewegt das Herze fort und fort.

Die Hülff-Gewährung / ist des Höchsten Willens-Port:

indessen er sein Herz mit Glaub-und Demut weidet.

Die Sonn / bedeckt sie schon ein Wölklein / dringt herfür

mit tausendfachen Pracht und aller Strahlen Zier.

Dein' Himmel Güt kan ja nicht anderst / als umringen

Die Erden unsrer Noht: wo müst sie sich hinschwingen?

wir sind von deiner Gnad umschlossen und bezirkt:

die / klar und regnend / uns Freud-Fruchtbarkeit stäts würkt.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 123-124.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte