Uber das Lieb-und Wunderreiche Abendmal unsers Herren

[176] Der alle Speiß' erschuff / läst sich hier selber essen.

Der selber hat erbaut die Zunge und den Mund /

erniedert sich so tieff und kommt in ihren Schlund.

Der / dem die Erd' ein Staub' / ist auf der Zung gesessen.

Der kan mit einer Spann das grosse Rund ümmessen /

geht sichtbar ungesehn in unser kleines Rund.

Diß Leib-und Geists-beyseyn / ist unser fäster Grund:

der doppelt' Gott mit-uns werd' unser nicht vergessen.

Die Vnermäßlichkeit / so unser Fleisch annahm /

mit ihm in Brod und Wein warhafftig zu uns kam.

O Wunder-reicher Schatz / Geheimnus ohne Ziel!

ergründen kan ich nichts / doch glauben kan ich viel /

mein Mund empfängt dich g'wiß / der Glaube jauchzt und springt:

das Wie stell' ich dir heim. Zu Heil es doch gelingt.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 176-177.
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