Beantwortung der Tugend auf ihre Bedingung

[213] Komm nur her / du schöne Tugend / sey zu tausend mal gegrüst /

komm / mein Schatz / komm in mein Herz: es gehöret ganz dein eigen

wollst dein Hoheits-Wunder Pracht in der Seelen Thron erzeigen.

hab ich dich / O schönste Göttin: mir an keinen Gut gebrist.

Ist das Vnglück mit viel Plagen / lieb / schon wider dich gerüst:

Laß nur seyn! der Höchste kan sie wol anderwerts hinneigen /

Man muß durch die Dörner Weg' in die Sternen Kreiß aufsteigen.

Nun es regne blitz' und donner! Tugend hab ich mir erkiest.

Das ist eine schlechte Lieb / die was Widerwärtigs schrecke.

Paris war nicht so gesinnt: Trojen er beherzt veracht.

Ja vielmehr der Widerstand / doppel-heiße Brunst erwecket.

Vnglück kan dir nichtes schaden / als daß es dich wehrter macht /

und mir dort mein' Ehren Kron / mit so viel mehr Sternen zieret /

als vielmahl ich über sie / hier mit Grosmuht triumphiret.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 213-214.
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