Uber die streitende Christen-Ruh

[219] Es soll der Menschen Sinn ein solche Ruh nur lieben /

die Gott zu loben nur nicht ruht in Ewigkeit.

Es sey nun solches Thun im Frieden oder Streit /

so ist es Ruh genug / in Gottes Lob sich üben!

Das stille Wasser pflegt man schiffend zu betrüben:

das Ruder / das Gesetz / trübt die still-sicher Zeit;

die nie-bereute Reu / führt zu des Hafens Freud.

man muß zu Gottes Ehr' offtmals die Ruh verschieben!

Soll' an Beherrschung / Gott / der Wellen und der Wind

erzeigen seine Macht / muß er sie erst bewegen:

So mustu / durch die Noht gelangen zu dem Ziel.

wer keine Rast und Ruh in seinem Sinn empfind /

biß sich des Friedens Krafft in ihm beginnt zu regen /

lebt krieg-und ruhend stäts nach Gottes Lebens-Will.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 219-220.
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