18. Was ist der Mensch! daß du sein gedenkest

[345] Ps. 8. v. 4.


Ach was ist der Arme Mensch / daß du seiner so gedenkest.

ihm so reiche Wunder-Gnad / Hülffe / Schutz / und Rettung schenkest?

der nichts kan als dich erzürnen / übertrit all dein Gebot:

dennoch du dich ihm erzeigest / als ein Lieb'-ergebner Gott.

Kan aus diesem Gnaden-Werk / wie aus einem Büchlein / lesen

deiner Gottheit Eigenschafft / Art / und recht selbständigs Wesen:

daß du gütig / liebreich / heilig / und derwegen Gott must seyn.

Aus der unergründten Liebe / leucht der Gottheit heller Schein.

Auch die unaufhörlich Güt / uns was übermenschlichs lehret:

weil sie nur in Gott allein / unverdient gleich-Liebreich währet.

Ja die allerheiligst Würkung / ohne Selbnutz uns zu gut /

zeigt / es sey was hoch-erhabnes / über aller Menschen Muht.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 345.
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