[366] 1.
Schöne Sonn / noch schöners Glück /
allerschönste Gottes Gnade /
ich spür' eure holden Blick /
und verhoffe das Gestade
und den Hafen meiner Gier /
nach verlangen zu erlangen.
Ach wie wird mein Herze prangen /
wann es schwebt in solcher Zier.
2.
Bauen sich schon Wolken auf:
ey es pflegt doch nicht zu regnen.
wie verwirrt der Erden Lauff /
läst er doch nit ab zu segnen
seine Freund mit Schutz und Sieg:
müssen in dem Kirchen-Kasten
in der Flut-Entbärung rasten /
haben Fried' und Ruh' im Krieg.
3.
Es ist ja / die Rohte Flut
seiner Wunder / Spiegel-Eise
ach er meynt es allzeit gut![367]
auch in höchster Prüfungs-Weise.
Wann er wegert / scherzt er nur /
pflegt die Hülffe zu bereiten.
In den Welt-Begebenheiten /
spürt man seiner Warheit Spur.
4.
Ach du weiser Wunderbar?
wer wolt dir nicht alls befehlen?
wer wolt dich nicht ganz und gar
zum Schatz / Schutz / Schild / Held erwehlen?
deine Weißheit weiß die Zeit /
und dein Allmacht schickt die Sachen /
deine Gnad kan alles machen /
dir zu Lob und uns zur Freud.
5.
Wie der Perlen- Fischer muß
an dem Grund die Muscheln fassen /
und versenkter in den Fluß
ihm die Augen binden lassen:
also will in Gottes Macht
ganz und gar ich mich versenken;
seine Weißheit wird mir schenken
einen Sieges-Perlen-Pracht.
[368]
6.
Ich ich will / Vernunfft-geblendt /
mich in Gottes Güte wagen /
und verhoffend beede Händ
voller Wunder Frücht her tragen:
will auf meinen Stern / auf Gott /
Nadel / Herz / und Augen richten /
ihn zu Hülff und Trost verpflichten.
Noht / hat glaubend keine Noht.
7.
Torheit wär es / solche Werk
Menschlich ohne Glauben glauben.
Dieser Gott-beherrschungs-Stärk'
ist erlaubt das Wunder-rauben:
kan erlangen / was sie will /
ja Gott selbst ins Herze greiffen.
Biß die Glaubens-Früchte reiffen /
bin ich frölich hoffend-still.
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Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
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