47. Uber den gekreutzigten Jesus

[402] Seht der König König hängen /

und uns all mit Blut besprengen.

Seine Wunden seyn die Brunnen /

draus all unser Heil gerunnen.

Seht / Er strecket seine Händ aus / uns alle zu umfangen;

hat / an sein lieb heisses Hertz uns zu drucken / Lustverlangen.

Ja er neigt sein liebstes Haubt / uns begierig mit zu küssen.

Seine Sinnen und Gebärden / sind auf unser Heil gefliessen.

Seiner Seiten offen-stehen /

macht sein gnädigs Herz uns sehen:

wann wir schauen mit den Sinnen /

sehen wir uns selbst darinnen.

So viel Striemen / so viel Wunden /

als an seinen Leib gefunden /

so viel Sieg-und Segens-Quellen

wolt Er unsrer Seel bestellen.

zwischen Himmel und der Erden

wolt Er aufgeopffert werden:

daß Er Gott und uns vergliche.

uns zu stärken / Er verbliche:

Ja sein Sterben / hat das Leben

mir und aller Welt gegeben.

Jesu Christ! dein Tod und Schmerzen

leb' und schweb mir stets im Herzen!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 402-403.
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