4.
Uber die Beschneidung unsers Heylandes

[96] Vor Blut-Schuld fordert Recht nichts als nur Blut vergiesen/

Die Liebe brennt in Blut/ und wird durch Blut bewährt/

Ein blutig Opffer ist/ das Gottes Grimm begehrt;

Mein Jesus lebt/ und kommt/ vor Schuld und Grimm zubüssen.

Er lebt/ drum wil Er uns/ und vor uns blutig grüssen/

Und zwar so bald er uns zu unserm Heil beschert.

Bekräfftigt er den Bund/ und lescht/ was uns verzehrt.

Durch erstes Blut/ das wir schaun reichlichst von Ihm fliessen.[96]

Diß unbefleckte Kind stellt sich zu solcher Pein/

Vor die/ die es nicht werth/ in dieses Elend ein.

Und zeigt auch zeitlich an/ wie es erlösen wolle.

Diß Blut schreibt dir O Mensch die schuldigste Gebühr

Und traute Pflicht-Schuld vor. Schau Seel es zeiget dir

Was wer erlöst/ vor Gott und Jesum wagen solle.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 96-97.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sonette
Frühe Sonette (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)