40.
Auf das Absterben eines Fürstlichen Kindes

[114] So reist holdselges Kind der unverhoffte Tod

Dich von uns hin/ und macht kaum inner einem Lichte/

Das liebreichst Ebenbild der Anmuth gantz zu nichte.

Ach kaum erhörter Fall! durch rauher schmertzen Noth.

Doch dir ist ewig wohl: der überweise Gott

Bricht/ weil der Winter kommt/ die schönsten Himmels-Früchte

Zu ihrem besten ab: Du schaust sein Angesichte

Höchst frölich und verlachst der Erden Tand und Koth.

Was von dir sterblich war/ wird in der Saate Zeit

Der Gruben anvertraut/ daß zu der Ewigkeit

Es herrlich dermahleins in höchster Zier auffblühe.

Du warest zu der Cron gebohren. In der Welt

Ist nichts denn Dienstbarkeit/ die uns gefässelt hält/

Drum besser daß dich Gott auf seinen Thron entziehe.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 114.
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