61.
Gebündnis an einen guten Freund

[125] Ich suche/ werther Freund/ ich such und kan nicht finden/

Indem eur Nahmens-Tag euch frölich wieder sieht/

Und euer neues Glück beym neuen Jahr auffblüht/

Ein Band/ ein festes Band/ auf ewig euch zu binden.

Ein hoher Geist läst sich mit keinem Gold umwinden/

Wer Diamanten sucht ist sonder Nutz bemüht/

Was über Sonnen strahlt/ was durch die Nächte glüt/

Muß vor dem edlen Glantz der freyen Seele schwinden;

Doch Liebe zwingt was Welt und Himmel zwingen kan/

Sie band den Höchsten selbst an harte Höltzer an!

Die bitt ich/ daß sie mir woll ihre Ketten leihen.

Was sag ich? nein nicht mir/ nur einer frischen Braut/

Die eh diß Jahr hinweg auf ewig euch vertraut/

So binde/ daß euch nicht mög eine Macht befreyen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 125.
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