Der Dritte Auffzug.


[42] Sulpicius. Fabricius.


FABRICIUS.

So schliffst du leider denn den harten Todes-Schlaff?

Der dich so sanfft umbfing / als uns der Donner traff /

Der mit getheiltem Stral / auff aller Hertz ankommen /

Vnd aller Lust mit dir von diser Welt genommen /

So starrt die tapffre Faust! das libreich Angesicht /

Vergeht! und du verfällst / wie ein Cristall zerbricht /

Das mit der Sonnen Stral / wenn er sich drein gefunden /

Vnd es zurück ihn schickt die Sonn' offt überwunden.

Wie irr' ich! haucht der Mund / ists Wahn? Rührt sich die Leich?

Was fürcht ich / was ich wüntsch? Jch schaw der Wangen bleich

Vergeht in neue Röth. O Himmel! kans geschehen?

So last den müden Geist / diß neue Wunder sehen?

Die Brust klopfft / O! die Wärm entsteckt der Seelen Hauß

Vnd theilet sich gemach / durch alle Glider aus.

Er wirfft die Augen auff / kan Libe wol das Leben /

Dem / der so standhaft dint / aufs neue wieder geben?

Wie? Oder ruffen ihn der Chloris heisse Blick?

Vnd bittre Thränen woll aus Ditis Klufft zurück?

SULPICIUS.

O Chloris! bist du fort / wie ist mir doch geschehen /

FABRICIUS.

Jsts müglich / O mein Herr / kan ich ihn lebend sehen /

SULPICIUS.

Wie? Lebend. Bin ich denn vor deinen Augen tod?

FABRICIUS.

Wer zweiffelt / ausser mir / der ihn seh ausser Noth.

SULPICIUS.

Wol / was geheim ist diß? Was Noth hält mich gefangen?

FABRICIUS.

Man glaubt durchaus er sey in Ohnmacht vor vergangen /

SULPICIUS.

Jn Ohnmacht! ich weis nichts daß Ohnmacht auff mich kam.

FABRICIUS.

Weiß nicht mein Herr wie er von allen abschid nam?

Wie jhn Levin betraur? Wie hoch sich Chloris gräme?

Cornelie beklag und ob dem Vorsatz schäme?[42]

SULPICIUS.

Es ko it / als träumend / mir etwas dergleichen vor /

FABRICIUS.

Auch daß er von der Frucht die Citronat erkor /

Er hatte sie kaum recht in seine Faust bekommen:

Als plötzlich sein Verstand / durch Jrrthum eingenommen

Jn frembde Wort ausfil. Biß er sie von sich schmiß /

Vnd unter aller Angst den müden Geist ausblis.

Wir unterlissen nichts / mit räuchern / reiben / stärcken /

Vmbsonst. Man kont an ihm / kein Lebens-Füncklein mercken.

Levin stund gantz erstarrt. Cornelie verfloß

Jn eine Thränen-Bach / als Chloris auff die Schoß /

Der lebend-todten sanck. Mit kurtzem: Sie beginnen /

Wie morgen seiner Leich Ehr an zu thun / zu sinnen.

SULPICIUS.

Wer wüntschte letzten Schmuck nicht von so lieber Hand?

Doch weil des Himmels Schlus mich aus dem Todten-stand

Jn neues Leben setzt / muß keine Zeit verrinnen.

Man suche von grund aus die Mutter zu gewinnen /

Was zu Levinus Heil und Chloris Rettung gilt.

Du weist daß man aus Wachs mein lebhafft Ebenbild /

Durch höchste Kunst bereit. Man leg' es auff das Bette /

Biß ich mich wieder stell' und uns aus Argwohn rette.

Doch wüntscht ich den Levin wol auff ein Wort zu mir

Daß man mit besserm Rath das gantze Werck ausführ.

FABRICIUS.

Mein Herr / da er befihlt / eil ich ihn her zu bringen /

SULPICIUS.

Wohl / geh / wenn Libe würckt / kan auch der Todt nicht zwingen.


Cassander. Fabricius.


CASSANDER.

Ie viens pour mon supplice. Jn dem Monsieur mich schickt /

Pour garder ceste Leich, quel homm' hat je entrückt

Un miserable mort? Et quelle Compagnie?

Zu wachen entre deux? Der ein ist nicht en vie.

Et l' autre est sans raison.

FABRICIUS.

Hör ich Cassandern nicht?

CASSANDER.

Was mehr? je marche allein bey Nacht / und sonder Licht.

La nuict est niemands Freund. Auch hab ich hören sagen /

Vil ding das sich avec Phantômes zugetragen.[43]

FABRICIUS.

Glückt mir mein Anschlag nur: So solst du bald verstehn:

Daß nicht vor Thoren gutt / zu vil bey Nacht umgehn.

Recht / er wolt in die Leich vorhin mit Nadeln stechen:

Jch wil an statt der Leich / mich hurtig an ihm rächen.

CASSANDER.

Mais qu'est ce que m'alarme, es ist umb une Nacht.

Die schon plus qu' a demy mit lauffen durchgebracht.

FABRICIUS.

Was gilts / du solst auch noch die ander Helfte lauffē.

CASSANDER.

Dörfft in dem finstern auch quelqu'un sich mit mir rauffen?

FABRICIUS.

Genung / wir wollen sehn / was bey dem Werck zu thun.

CASSANDER.

Was rauscht? Möcht auch Sulpicius sur sa lietiere ruhn.

I' entens quelq' un' qui va?

FABRICIUS.

C' est moy!

CASSANDER.

Ha! c' est Sulpicius?

Jch zitter!

FABRICIUS.

Impudent. Va monstre, plein de vice!

CASSANDER.

Herr Geist! Ha! c'est assetz! ha! laissetz moy aller.

FABRICIUS.

C' est ce que ton supçon me sembloit meriter.

Er laufft! nun das geht wol! es ist nach Wuntsch geschehn /

Daß er mich vor den Geist im dunckeln angesehn.


Levin. Cornelia. Chloris. Cassander.

Vor der Cornelie Behausung.


CORNELIA.

Wir bleiben Herr Levin vor dis Geleit verpflicht.

LEVIN.

Ach! meine Schuldigkeit kennt solche Worte nicht.

CHLORIS.

Kennt iemand etwas nach so traurigem Verlust?

CORNELIA.

Ein ewig-neues Leid beklemmt mein enge Brust /

LEVIN.

Sulpicius wird nicht mehr durch Thränen wider bracht.

CHLORIS.

Drumb gab er uns auf stets so traurig gute Nacht.

CORNELIA.

Ach wer entdeckt mir doch / was er noch bitten wolt?

LEVIN.

Villeicht daß sie sich nicht zu sehr betrüben solt.

CORNELIA.

Ach nein / er warnt und bat / so nehme sie in acht

Gilt ja mein bitten noch! stand es in meiner Macht!

Vnd wäre was es war. Es blieb ihm unversagt.[44]

CHLORIS.

Zu spät / jtzt klagen wir / weil er zuvor geklagt.

CORNELIA.

Sein sterbend Antlitz kommt mir nimmer aus dem Sinn.

LEVIN.

Noch mir / ob leider wol mein treuster Freund dahin.

CHLORIS.

Mir ist er nicht dahin! sein Geist lebt noch in mir.

CORNELIA seit abwerts.

Wenn es ohn meine Schuld / Er lebte noch mit ihr.

CASSANDER.

Helas, mon maistre! Helas.

LEVIN.

Was schreyst? Wo kommst du her?

CASSANDER.

Un mort! un mort, un mort,

LEVIN.

Wird dir der Kopff zu schwer?

Was ists?

CASSANDER.

Jch habs gesehn. I' ay veu marcher un ombre.

LEVIN.

Was sagst du?

CASSANDER.

Ja mein Herr! fort long & triste & sombre.

LEVIN.

Du schwermst von Trunckenheit.

CASSANDER.

Les cheveux herissez.

Ouy Monsieur! c' est Sulpicius! il frappe! il parle ô Weh /

CORNELIA.

Was gibt er vor? Mein Herr.

CASSANDER.

I' ouy avec mein Ohren.

LEVIN.

Jch halt / er habe Si ' / Witz und Verstand verloren.

CASSANDER.

Nenny mein Herr / ma Dame i' ay veu Sulpiciuss Geist /

Il erre dans la ville, il cherche, il schlägt / er reist.

Fort tristement vestu d' un long drap mortuaire

Schaut / wie er mich gemahlt.

LEVIN.

Schweig Thor.

CASSANDER.

Que vay je faire.

Jch rede veritez.

LEVIN.

Wer weiß? Welch leichter Tropff

Dir bey der dunckeln Zeit den Wein-dampff-vollen Kopff

Wie du verdint / zubläut?

CASSANDER.

Jch tranck mein Herr nicht goutte.

CORNELIA.

Wie wird mir bey dem Werck so unversehns zu Mutte?

CHLORIS.

Was bildet ihm mein Geist bey disem Zufall ein?

LEVIN.

Es kan in Warheit nichts / denn Traum und Schatten seyn.

CORNELIA.

Jch habe solchen Tand / in dem ich lebt' verlacht.

CHLORIS seit abwerts.

Wenn das Gewissen nicht zu ernster Rach erwacht.[45]

CORNELIA.

Mein Herr. Wo ihm belibt / so gönn' er uns die Ehr /

Das man noch einst bey uns umbständlich ihn verhör.

LEVIN.

Jch folg' und bin bereit / ihr wincken zu vollnzihn /

Ja mich in jhrem Dinst unendlich zu bemühn.


Sulpicius. Fabricius.

Jn Sulpiciuss Behausung.


SULPICIUS.

So ist Levin biß noch umbsonst von dir gesucht?

FABRICIUS.

Mein Herr / umbsonst! doch ist der Gang nicht sonder Frucht.

De / wie ich u i mehr scheins / ein Traur-kleid umbgeno ien /

Cassander aber mir bey Nacht entgegen kommen:

Verkennt er mich vor ihn / ja glaubt ich wär ein Geist /

Vnd rennt im schrecken fort /

SULPICIUS.

Sehr wol / der Zufall weist

Vns schon Gelegenheit: Den Anschlag auszuführen.

Man lasse selbst Levin nichts von dem Handel spüren.

Ko i / bringe was mir Noth! damit ich mich bereit /

Vnd nicht durch säumnüß komm u i die bequemste Zeit.

O die du mächtig bist den Tod zu überwinden /

Laß traute Libe / mich / gewüntschten Ausgang finden.


Cornelia. Chloris. Flavia.

Jn dem Lust-Garten.


1.

CORNELIA allein.

Verbirg dein libreich Angesichte /

Göttin die du mit bleichem Lichte /

Sihst Himmel ab auff meine Schmertzen /

Entweicht ihr ewig-hellen Kertzen.

Jch bin nicht würdig euch zu schauen

Jch / welcher vor mir selbst / weil was von mir / wird grauen.


2.

Elende! wie hast du gelibet /

Dein Kind / doch mehr dich selbst / betrübet.

Was hast unwissend du begangen?

Doch wissend / leider / angefangen?

Wie wird dein Haß so grimmig kräncken /

Weil deine Libe kan gelibt' ins Grab versencken.
[46]

3.

Ach! wer wird meine Schuld bedecken?

Mich saubren von den Greuel-Flecken?

Sulpicius, bist du zu versöhnen!

Sulpicius, weiland Blum der schönen!

Sulpicius, dessen rein Gemütte

Ein wahres Ebenbild / gantz unverfälschter Gütte.


4.

Ach! herbe Trauer-Nacht verschwinde.

Ach! daß der Morgenstern sich finde.

Damit ich seinen Leib mög ehren.

Verzeuch Nacht! laß mich träumend hören;

Was doch Sulpicius von mir wolte /

Vmb was er mich ersucht / als er verscheiden solte.


Chloris allein.


1.

CHLORIS.

Jsts! oder ists ein Wahn.

Daß nicht des Todes Kahn

Die Geister mit sich führ? Jsts jemals wol geschehen?

Das jemand sie gesehen.


2.

Nein! nein! wer glaubt es? Nein /

Wie könt es möglich seyn?

Daß (wär es so) mich nicht Sulpicius wolt anblicken?

Vnd in der Angst erquicken.


3.

Nein / die getreue Seel

Entwich aus ihrer Höl /

Vnd kame mir anitzt / die Thränen abzuwischen /

Mich küssend zu erfrischen.


4.

Wie? Hat uns denn die Macht

Vor welcher alles kracht

Die nimmermehr mit dem / was treulich libt / zu friden /

Auff ewiglich geschieden.
[47]

5.

Ach / aber / leider ach /

Gedenckst du wohl auff Rach.

Sulpicius, daß sie dir der Mutter falsche trachten

Jn meinem Nahmen brachten.


6.

Jch warnte ja / ich schrieb

Mein Hertz / was sie betrib.

Jch weiß / dir ist nunmehr (blib ja der Briff verstecket)

Mein Vnschuld doch entdecket.


Sulpicius in Gestalt des Geistes.


Entdeckt / fleuch nicht von mir /

Hertz / ich bezeuge dir:

Daß / ob ich schon die Last der Glider abgeleget /

Dennoch Lib unbeweget.

CHLORIS.

Was schau / ihr Himmel ich /

SULPICIUS.

Mein Licht / betrübe dich /

Betrübe dich nicht mehr / weil deine bittre Zehren

Nur meinen Geist beschweren.


1.

Mein Trost. Es mag des Todes wütten /

Es mag des strengen Eifers Macht /

Auff mich die grimmen Pfeil ausschütten /

Jch habe Neid und List verlacht.

Scheints auch daß ich von dir / auff kurtze Zeit gerissen:

Wird doch das kalte Grab mein Liben nicht beschlissen.


2.

Verfällt mein Leichnam schon in Aschen /

Auch unter Aschen lebt die Glutt:

Hör auff mit Thränen ihn zu waschen /

Auff deine Zähren wallt mein Blutt.

Erfreue dich vilmehr daß ich hab überwunden /

Vnd Ruh / und wahre Lust vor dich und mich gefunden.

CHLORIS.

Mein Hertz / wie wol / wie wol /

Daß ich dir folgen soll.

Wär anderwerts auch Ruh vor mich und dich zu finden /

Laß mich mit dir verschwinden /

Vmbsonst / du eilst von mir /

Jch eile mehr nach dir /

Ach möcht uns das dein Geist mir nicht mehr könt entschlipfē /

Ein süsser Tod verknüpfen.


[48] Cornelia. Sulpicius.


CORNELIA.

Hör / oder / hör ich nicht Sulpiciuss Trauer-Stimm?

SULPICIUS.

Sulpiciuss, der verfil durch schnellen Todes-Grimm /

CORNELIA.

Weh mir / wo rett ich mich? Wie wird mir? Himmel / ach.

SULPICIUS.

Getrost / sie fürchte nichts / ich heische keine Rach /

CORNELIA.

Mein irren (ich bekenn) hat Straffe wohl verdint.

SULPICIUS.

Cornelie, ich bin durch ihre Rew versöhnt.

CORNELIA.

Warumb denn daß sein Geist / nicht in der Ruhe bleibt?

SULPICIUS.

Weil ihr verlangen mich aus stiller Ruhe treibt.

CORNELIA.

Wahr ists das mich verlangt zu wissen / was er bat.

SULPICIUS.

Worauff ihr Heil besteht / das sie verzögert hat.

CORNELIA.

Mit ihm zu leben hilt ich vor mein höchstes Heil.

SULPICIUS.

Die Schickung wil es nicht. Sie ist Levinus Theil.

CORNELIA.

Die Schickung ist zu hart / die ihn so bald hinriß.

SULPICIUS.

Vmb daß Cornelie von Chloris mich verstiß.

CORNELIA.

Ach Hi iel: wär' es nicht / es würde nicht geschehn /

SULPICIUS.

Sie laß uns an Levin kein ferner Traur-Spill sehn.


Sulpicius verschwindet.


CORNELIA.

Er scheidet. Wie so bald? Wo hin verschwand der Geist?

Jst dieses ein Gesicht? Jsts Trüg? Wer weiß und weist

Was bey dem Werck zu thun? Sulpic. ist leider hin /

Jch seh ihn vor mir stehn! betreugt mich woll Levin!

Wie könt es möglich seyn! wol / last uns selbst hingehn /

Vnd bey Sulpiciuss Leich der Sachen Grund verstehn.

Man forder stracks Levin. Es zeige sein Gesicht /

Es lehre sein Geleit / ob etwas hir erticht.


Flavia. Sulpicius.

Vor Cornelie Behausung.


FLAVIA.

So bleib ich arme dann allein in disem Haus /

Vnd alle gehn von mir bey später Nacht herauß.

Jn dem schier iedes wähnt Sulpiciuss Geist zu sehen /

Vnd kommt er denn zu mir; wie solte mir geschehen?[49]

Jch bin ja leider nicht Vrsach an seinem Tod

Was wolt er denn von mir! O Schmertzen-volle Noth!

Weh! weh! er ko it! ich flih!

SULPICIUS.

Laß ab von disem re en!

Getreue Flavia, du wirst mich ja noch kennen

Mich / der in dem ich lebt / dir nicht zu wider war.

FLAVIA.

Verzeiht Herr Geist! ich weiß nicht ob ich reden thar.

SULPICIUS.

V warumb darfst du nicht! ich bin dir noch bewogē.

FLAVIA.

Herr Geist ich hab euch ja mit wissen nicht betrogen!

SULPICIUS.

Wahr ists / daß wol gemeynt du mir die Gift entdeckt.

FLAVIA.

Wie ko its denn daß ihr mich / Herr Geist / so hart erschreckt?

SULPICIUS.

Jch schrecke nicht / ich bin zu trösten euch erschinen /

FLAVIA.

Herr Geist / der Todten Trost wil Lebenden nicht dinē.

SULPICIUS.

Dir selbst versprach ich noch ein unverhoftes Glück.

FLAVIA.

Gar wol / Herr Geist / ich bitt: Er trete was zurück.

SULPICIUS.

Vertrau auff meine Wort. Jch komme dir zu gutte.

FLAVIA.

Jch danck euch vor die Gunst / mit wol-vergnügtem Mutte

Die Götter mögen euch verleihn gewünschte Ruh.

SULPICIUS.

Nicht biß Cornelia nach meinem bitten thu.

FLAVIA.

Seyd ihr im Fegefeur / im Himmel oder Höllen?

SULPICIUS.

Verlibten gibt man ein gar sonderliche Stellen.

FLAVIA.

Fahr wol Herr Geist / mich rufft ein nöthig Werck von hir.

SULPICIUS.

Fahr wol / ich bleibe dir gewogen für und für.

Spils mehr denn nur zu vil. Jch eile denn von hinnen /

Ein frölich Ausgang folgt offt auff ein schwer Beginnen.


Fabricius. Sulpicii Bild auff dem Bette /

die andern alle.

Jn Sulpicii Behausung.

Fabricius allein vor der falschen Leiche.


FABRICIUS.

Was hör ich / klopfft man / ja / bey noch nicht nahem Tag?

Wer ist der mir so früh die Ruh nicht gönnen mag?

Halt inn? Jch ko i. Jst auch villeicht die List entdecket?

Daß man so unversehns mich aus dem Schlaf erwecket.


[50] Cornelia indem sie hinein ko it.


CORNELIA.

Mir gnüget we ich nur noch einst die Leiche schau!

CHLORIS.

Jch darff es nicht / weil ich wol meinen Augen trau.

CASSANDER.

Ma foy! wagt nicht pas trop. Jch hab es bien gefühlet.

Er hat fort rudement mit mir die Nacht gespilet.

LEVIN.

Was zweiffelt man / hir ligt sein blasses Angesicht?

CORNELIA.

Jch zitter / ich erbeb / mein Jrrthumb leidet nicht.

Daß ich / ich schuldigste / mich länger hie verweile.

CASSANDER.

Allez donc, il est temps daß man von hinnen eile.


Sie gehen wieder weg.


FABRICIUS.

Diß sah gefährlich aus / und war was hoch gewagt.

Wenn nicht Cornelie ob eigner Schuld gezagt.

Da ko it mein Herr.

SULPICIUS.

Das Werck ist / und nach Wuntsch / verrichtet.

Weg mit der falschen Leich / daß nicht was Nacht ertichtet /

Der helle Tag verrath. Schleuß Haus und Thüren zu.

Man lasse niemand ein / begib dich stracks zu Ruh /

Bis uns das Licht erweck / ich lege selbst mich nider /

Jn dem der süsse Schlaff befällt meine Augenlider.


Chloris. Cornelia. Cassander. Flavia. Levin.

Vor der Cornelia Behausung.


FLAVIA.

Jch hab' ihn selbst gesehn / er sprach mich plötzlich an.

LEVIN.

Diß ist ein solches Werck / daß ich kaum glauben kan.

CORNELIA.

Was hat er wol von dir / und du von ihm vernommen?

FLAVIA.

Fragt mich nicht biß drey Nächt und Täg auffs Ende kommen.

LEVIN.

Dich hat die Einsamkeit und Finsternüs bethört /

FLAVIA.

Sulpicen sah mein Aug / ihn hat mein Ohr gehört.

CORNELIA.

Wir wollen was zu thun / mein Herr /nach Rath umbfragen,

Er such' uns ferner heim / so früh es nur wil tagen.[51]

Quelle:
Andreas Gryphius: Verliebtes Gespenst, Die geliebte Dornrose. Berlin 1963, S. 42-52.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Verlibtes Gespenste - Die gelibte Dornrose
Verlibtes Gespenste / Die gelibte Dornrose

Buchempfehlung

Mickiewicz, Adam

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.

266 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon