11. Vom Markgrafen Hugo zu Brandenburg.54

[28] Vom Marggraffen Hugone zu Brandenburg, so der erste Churfürst sol gewesen sein, lieset man, daß ihn Kayser Otto, des Nahmens der dritte, zum Stadhalter in Tuscia und Hetruria angenommen und verordnet habe. In diesem seinem Amt hat er sich anfenglich der regierung wenig angenommen, sondern hat nur des spielens, jagens und pancketirens gewartet. Ist aber von solchem seinem faulen Leben wunderbarlich abgefüret worden. Denn als er seiner gewonheit nach sich mit jagen belustiget, sol sich das zugetragen haben, daß er sich auff einer jagt, indem er ein wildschwein gehetzt, von seinen Dienern verlohren, also daß er sich gar allein über Nacht in einer gruben hat behelffen müssen; Vnd als ihm des Nachts allerley gespenst fürkommen, darüber er denn nicht ein wenig erschrocken, hat er sich, sobald nur der Tag angebrochen, daß man wiederumb hat sehen können, gen Florentz begeben, hat sich bey dem Bischoff auffgehalten und hat demselbigen offenbaret, waß ihm begegnet war. Darauff hat ihm der Bischoff ein gut und hart Capitel gelesen, mit ernster vermahnung, er sollt hinfurt das wesen mit dem spielen vnd jagen einstellen, der regierung abwarten, vnnd ihm dieselbe mehr angelegen sein lassen, als seine weltliche frewd vnd wollust. Denn das er vom Kayser zum Stadhalter verordnet war, hatte nicht die meinung, daß er dabey müssig sein, sondern der hendel abwarten solte. So möchte er auch wohl behertzigen, daß er einmal für dem gestrengen Gericht Gottes[28] würde verantworten müssen, daß er seine zeit also auff vogelfangen, fischen, jagen und pancketieren gewendet, da doch herrn vnd fürsten viel ein ander ampt hetten, als nemlich daß sie bedrängter armer Leute klagen anhören vnd streitige sachen entscheiden sollen, vnd gebürete ihm in acht zu nehmen vieler betrübte vnterthanen seufftzen, das weinen der Witwen, das sehnen der Waisen, weil dieselben von niemand beschützet würden, wenn er die hand abzöge vnd sich in der regierung nicht finden ließe. Denn diejenigen, welchen er die Empter befohlen, suchten nur ihren eigennutz, ließen sich mit geschencken bestechen, vnd entschieden die sachen nicht, wie die Rechten vereidichten, sondern nur nach ihrem gutdüncken: Daraus denn erfolgete, daß fromme vnschuldige Leute vnterdrückt vnd diejenigen, welche man durch Vrtheil vnnd Recht straffen solte, geschützt vnd gehandhabet würden. Es vermahnet auch dieser Bischoff Marggraff Hugonem weiter, er solle zur buße soviele Klöster stifften, soviel todsünden weren. Denn damals im Pabstthumb steckten die Leute in einem solchen wahn, daß man zur seligkeit nicht aus lauter Göttlicher gnade vnd Barmhertzigkeit käme, sondern es muste ein jeder dieselbe durch eigene Werck vnd verdienst erwerben, welches doch wider die Prophetische, Evangelische und Apostolische schrifften ist.

Da nun Marggraff Hugo kaiserlicher Stadhalter in Tuscia und Hetruria solch hart Capitel angehöret, ist er gar anders worden, vnd als er sein väterlich erbtheil in Deutschland zu Gelde gemacht, hat er sieben stadliche vnd reiche Klöster in Welschland gestifftet, als nemlich die Abtey zu Florentz; S. Michaelis in monte Imperiali; S. Bartholemaei Bonsolatii bey Murell; S. Januarii Copuloneum in der gegend der Stad Aretium; S. Michaelis bey Verrucula nicht weit von Pisis; daß Conuent S. Justinae vnd Septimens bey Florentz, welches daher den nahmen bekommen, daß es in der ordnung das siebente gewesen, so Marggraff Hugo fundiret oder gestifftet hat. In seinem Ampte verhielt er sich hernach so gottselig, löblich vnd weißlich, daß er für allen andern Fürsten, welche zu der zeit in Welschland gewesen, den preiß gehabt. Er hielt täglich etliche gewisse stunden, in welchen er die sachen verhörete vnd örterte, vnd mochte alßdann jedermann, Reich vnd Arm ohn schew zur audientz kommen. Davon sich denn augenscheinlich erweißt, wie merklich ihm angelegen gewesen, daß niemand vnrecht geschehe, sondern ein jeder bey seinem Rechte geschützet würde. Vnd ist zwar kein füglicher Weg, dadurch man der Regierung löblich vnd wol fürstehen könne, als wenn ein Regent vorgewelter gestalt gewisse stunden helt, vnnd alsdann, was bedrengte Leute einzubringen haben, selbst mit anhöret. Denn durch ein solch mittel werden die sachen nicht veberheuffet vnn dürffen die vnterthanen der audientz halben nicht vergeblich vnd mit abbruch vnd verseumnis irer nahrung aufwarten.

Müssigen Leuten, schlemmern vnd dergleichen war er so feind, daß er sie für Gericht hat fordern lassen, daß sie ihre vorhaben und wovon sie sich erhielten, mußten darthun. Und ist solcher damals von ihm eingeführte gebrauch in Tuscia, vnd sonderlich zu Florentz biß auff den heutigen tag geblieben. Denn allda die Obrigkeit auf müssige Leute ein solch auffsehen hat, daß man mit ihnen die nachforschung thut, wovon sie sich erhalten. Wenn nu dieselben solches ampt ihrer vnschuld nicht zu beschönen haben, so straffet man sie am Leibe oder verweiset sie der Stad.[29]

Wenn er sachen entscheidete, ließ er ihm dis sonderlich angelegen seyn, daß er kein widerwertig vrtheil spreche, sondern in einerley sachen auch einerley vrtheil fellte: Deßgleichen daß die sachen, welche einmahl gerichtlich entschieden, und hiebey gelegt weren, nicht retractiret werden. Denn er pflegte zu sagen, die Gerechtigkeit were ein beständiger vnwandelbarer wille, darumb solten auch der Regenten sentents oder Gerichts vrtheil vnwandelbar sein. Als er auff eine zeit gebeten worden, er solte einem Gentilomen zu Florentz, der den hals verwircket hatte, das leben schencken, hat er solches abgeschlagen vnd geantwortet: Wenns einer hoch verwircket hette, so solte man ihm keine gnad erzeigen, sondern der Gerechtigkeit jhren gang lassen; denn mit bösen buben durch die finger sehen, were keine gnade, sondern nur eine blutdürstigkeit.

54

Andr. Angelus, Annales Marchiae Brandenburg. Frankf. a.d.O. 1598. in Fol. S. 58 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 28-30.
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