180. Das Stadtholz zu Salzwedel.240

[162] Die Stadt Salzwedel besitzt einen großen Wald als Eigenthum, der als Flächeninhalt ungefähr 9000 Morgen Landes enthält. Vor Zeiten war derselbe aber noch viel größer, und ist er erst durch folgenden Vorgang kleiner geworden.

Es hatte nämlich vor vielen hundert Jahren ein Markgraf seinen Fürstensitz in Salzwedel; der hatte eine Liebschaft mit der Frau des Freischulzen in Brieg, welches Dorf nahe am Stadtholze liegt. Als er nun eines Tags bei dieser Frau zum Besuche war, da kam ihm sehr ungelegen der Schulz nach Hause. Der Markgraf aber, um seiner los zu werden, versprach ihm einen solchen Strich vom Stadtholze abzutreten, als er in einer Viertelstunde umgehen könne. Das ließ sich der Schulz nicht zweimal sagen, und er eilte flugs in das Stadtholz, schritt auch seine Viertelstunde lang rüstig zu. Als er aber nach Verlauf derselben zurückkehrte, kam er dem Markgrafen immer noch zu früh, und dieser versprach ihm daher noch einen solchen Strich, als er in einer zweiten Viertelstunde umgehen könne. Auch dieses ließ sich der Schulz gefallen, und es kam auf solche Weise ein großer und schöner Theil von dem Stadtholze auf ewige Zeiten fort und an die Erben des Schulzen zu Brieg, die ihn noch jetzt besitzen.

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Nach Pohlmann, Geschichte der Stadt Salzwedel S. 51.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 162.
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