208. Die beste Religion.271

[192] In der Altmark, nicht gar weit von Salzwedel, liegt das Kloster Distorf, welches eins der ältesten Klöster ist, und schon im Jahre 1161 bei Lebzeiten Markgraf Albrechts des Bären gestiftet ward. Nun sind um[192] das Jahr 1540 zwei Klosterjungfrauen und Schwestern hier gewesen, Elisabeth und Ursula von Ritzbüttel, welche sich nicht entschließen konnten, das Papstthum zu verlassen, doch aber sich endlich beredeten, daß, wenn eine von ihnen sterben und Bericht der andern thun würde, welches die beste Religion sei, so wolle die andere sich dann zu derselben halten. Und als hierauf Elisabeth mit Tode abging, so hat sich ein Geist in ihrer Gestalt bei der Ursula eingefunden, und auf Befragen, ob sie selig worden sei, geantwortet: kuhm, kuhm, d.h. kaum, kaum, worauf denn die Ursula sich fest vorgenommen hat, die Religion zu verändern. Wie sie aber zur Kirche gehen wollen, um ihr Glaubensbekenntniß öffentlich abzulegen, und bis in die sogenannte Kluft und in den etwas finstern Eingang aus dem Kloster zur Kirche gekommen, ist sie von einer kalten Hand mit einer derben Maulschelle bewillkommnet worden, worauf diese aber versetzt hat: ich lasse mich nicht irren; sondern ging fort und nahm die evangelische Religion an.

271

Nach Beckmann Th. V. Bd. I. Cap. X. S. 154 etc. und Temme S. 35 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 192-193.
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