218. Die St. Georgen-Kapelle vor Gardelegen.281

[198] Einst hat sich vor dem Soltischen Thore von Gardelegen ein Räuber aufgehalten, der beiden, den Einheimischen sowohl als Fremden viel Verdruß[198] angethan, in den daran gelegenen Wäldern aber eine Höhle gehabt, darin er sich aufgehalten und seinen Raub zusammengetragen. Also haben sich die beiden Dörfer Rossendorf und Neseritz mit Gardelegen zusammengethan, um sich seiner zu bemächtigen, haben auch endlich die Höhle vermittelst der dahin gehenden Pferdetapfen aufgespürt und ihn darin besetzt, dergestalt, daß er entweder sich ergeben oder verhungern müssen, zu welchem ersten er sich auch bequemt, jedoch dabei sich bedungen, daß man ihn nicht auf eine schmähliche Weise zu Tode bringen möchte, dahingegen er versprochen, daß er von dieser bösen Lebensart abstehen und eine bessere annehmen wolle. Welches jenen auch beliebt, doch daß er dem h. Georg zu Ehren eine Kirche bauen sollte, um dadurch seiner Missethaten halber einige Büßung abzustatten, welches auch von ihm geschehen und die Kapelle, so bei dem Hospital steht, von ihm errichtet worden ist. Dorthin ist das Volk dann jährlich einmal zusammengekommen, hat eine Predigt angehört und zum Andenken der Befreiung vom gedachten Räuber eine Bußsteuer für die Armen zugleich gesammelt, woraus endlich das Hospital entstanden ist.

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Nach Beckmann Th. V. Bd. I. Cap. IV. S. 36.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 198-199.
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