356. Der vom Teufel erwürgte Geizhals.440

[317] Zur Zeit Lercheimers, also gegen das dritte Drittel des 16. Jahrhunderts, ist es geschehen, daß ein reicher Bauer aus Thüringen einen Wagen mit Korn gen Halle auf den Markt brachte zu theurer Zeit um Ostern, in der Hoffnung, er werde es noch theurer verkaufen denn zuvor. Aber es war mittlerweile abgeschlagen, so daß er es wohlfeiler geben mußte, denn er[317] gemeint. Indem er wieder heimfährt, sitzt er auf dem leeren Wagen ganz traurig, der Knecht aber auf dem Pferde singt ganz fröhlich. Da spricht jener: »Wie kommt es, daß Du so fröhlich bist?« Der antwortet: »Sollte ich nicht fröhlich sein, daß wieder gute Zeit wird? Nun will ich ein Weib nehmen etc.« Er fährt und singt immer für sich hin, bis ihm Leute begegnen und ihn schelten: »Du Bösewicht, was hast Du gethan? Du hast Deinen Herrn erhängt!« Er sieht hinter sich, da hängt der Bauer am Leiterbaum zwischen den Rädern. Er kehrt wieder zurück in die Stadt, bittet auch die Leute, sie wollen ihm Zeugniß bei der Obrigkeit geben, wie sie ihn auf dem Wege gefunden haben. Wenn dieser Geizige vermocht hätte, die Saat auf dem Felde zu verderben, er hätte es gethan. Darum hat ihn auch Gott, wie er andern dergleichen thut, in seinem Gerichte durch den Henker, nicht die Obrigkeit durch den ihren gestraft.

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Nach Lercheimer, Bedenken von der Zauberei S. 173.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 317-318.
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