20. Die Schatzgräber.

[449] In Sondershausen lebte vor langer Zeit ein lustiger Musikant, Namens Sauerbier, der ging auch in einer Himmelfahrtsnacht mit einem Kameraden auf den Kiffhäuser. Beide wollten einen Schatz gewinnen, allein sie blieben aus und kamen nicht wieder, so daß die Weiber und Kinder großes Wehklagen erhoben. Endlich nach acht Tagen kam Sauerbier wieder an, aber in zerrissenen Kleidern, bleich und still und verschlossen, während er früher einer der lustigsten Brüder gewesen war. Die Blüthe seiner Wangen war einer Erdfarbe gewichen. Drei Tage später wurde auch der Gefährte Sauerbier's auf einem Karren in Stroh gepackt und tödtlich krank nach Sondershausen gebracht. Niemand brachte heraus, was ihnen zugestoßen sei, doch ging bald die Rede, daß sie Kaiser Friedrich gesprochen, also im Innern des Kiffhäusers gewesen seien. Viel Wunderliches sollen sie da erlebt haben, doch sprachen sie nie gern davon. Sauerbier blieb blaß und bleich bis an seinen Tod und sein Kamerad behielt ein lahmes Bein, das ihm die mit Gewalt bei ihrem Ausgange zufallende Kellerthür geschlagen hatte.

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Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 449.
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