525. Die rächenden Grabsteine zu Oldisleben.615

[473] Das Kloster Oldisleben in der güldenen Aue ward der Sage nach von der reuigen Pfalzgräfin Adelheid gegründet, St. Vitus geweiht und dem Benedictinerorden übergeben. Die Pfalzgräfin begab sich hierher als Büßerin, nachdem sie das Kloster Reinhardsbrunn gegründet, in das ihr Gemahl, Graf Ludwig der Springer, als Mönch eingetreten war, später aber verwandelte sie Burg Scheiplitz in ein Jungfrauenkloster und wurde dessen erste Aebtissin in Oldisleben. Das Kloster ist im Bauernkriege zerstört worden und jetzt nur noch in wenigen Ueberresten der alten Gebäude erhalten. Ein tiefer Gang lief von diesem Kloster unter der Erde hin und erstreckte sich bis in den Keller eines Collaborators. Im Jahre 1136 fiel nahe bei Oldisleben ein Stein von der Größe eines Menschenkopfes vom Himmel, der seiner Zeit von den Brüdern heilig aufbewahrt ward. In den alten Kreuzgängen sah man früher häufig einen gespenstigen Mönch umherwandeln.

In der Kirche des Klosters standen ehedem zwei Grabsteine, der eines Grafen Johann von Beichlingen und der eines Mönchs, die nicht litten, daß einer sich an ihnen vergriff. Man erzählt, daß ein Mensch, welcher den Mönchsstein aus Leichtfertigkeit beschädigte, am hellen lichten Tage, ohne vorher etwas zu sehen oder zu hören, eine so empfindliche Maulschelle erhielt, daß ihm Hören und Sehen verging. Wenn früher von den Steinen etwas abgeschlagen worden, so ergänzte es sich von selbst wieder, allein mit der Zeit sind sie doch dem Zahne der Zeit verfallen.

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Nach Bechstein Bd. IV. S. 80.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 473.
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