696. Das heilige Meer.811

[675] In den Kirchspielen Hopsten und Recke, acht Stunden von Münster, liegt ein großes klares Wasser, ungefähr 2500 Schritt im Umfang, welches[675] ganz rein und sehr tief ist, so daß man an etlichen Stellen sogar keinen Grund finden kann. In diesem Wasser ist in uralten Zeiten des Nachts bei Sturm und Wetter ein Kloster tief in die Erde gesunken, so daß am andern Morgen zum größten Erstaunen des Landes ein Wasser gefunden wurde, wo Tages vorher noch ein prächtiges Kloster gestanden hatte. Das neu entstandene Wasser aber ward von den Leuten das heilige Meer genannt und hat diesen Namen bis auf den heutigen Tag behalten. Jährlich kommen noch tief aus dem Grunde einige Balken in die Höhe, welche sich von dem Gebäude losreißen und so nach vielen Hunderten von Jahren wieder an das Tageslicht kommen. Auch finden sich in jedem Frühling eine Menge von weißen Schwänen auf dem heiligen Meere ein, welche tief aus Norden kommen, eine Zeit lang auf dem Wasser einherschwimmen und dann in ihre Heimath zurückziehen. Man sagt aber, daß dieses Wasser kein Schiff auf seiner Oberfläche schwimmen lassen soll.

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S. Münsterische Geschichten S. 161. Berckenmeyer, Antiquarius Bd. I. S. 622.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 675-676.
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