780. Der St. Einhardsbrunnen.901

[731] Bei der Stadt Altena nicht weit von dem Orte, der die Kluse heißt, ist mitten am Berge ein Brunnen, der St. Einhardsbrunnen, zu welchem jetzt an jedem Ostermontage Haufen von Menschen spazieren gehen, der aber in frühern Zeiten, bis Altena evangelisch ward, darum sehr berühmt war, daß er die Gabe hatte, unfruchtbare Weiber fruchtbar zu machen. Dieses geschah nämlich folgendermaßen. Die Frau mußte zuerst beten:


Lieber Herr Sanct Peter, schließet auf strenge

Die Himmelspforte, redlich ich ginge

Hinauf zum Boven und zum St. Einhard.


Dann mußte sie eine Messe lesen und dabei sagen:


O Herr Gott, durch den lieben Sanct Einhard,

Hilf mir, wie Du hast erhört

Der alten verwelkten Sarah Gebet,

Und das der heiligen Mutter Elisabeth.

So hilf auch mir unfruchtbarem Weibe,

Daß ich möge schwanger werden im Leibe,

Hiezu hilf mir nun und alle Zeit,

Daß ich aller meiner Sünden werde befreit.


Hierauf mußte die Frau im Beisein des Priesters aus dem Brunnen einen guten Trunk thun und der Priester dabei sagen:


Proficiat, das gesegne Euch St. Einhard offenbar,

Daß Ihr seid fruchtbar gegen's Jahr.


Demnächst opferte die Frau ihre Gabe und sprach:


Nehmt hin diese Gabe, lieber Herr

Sanct Einhard und helft mir, daß es wahr werd.


Endlich beschloß der Priester die Handlung mit der Danksagung:


Deo Gratias, Gott habe Dank,

Sanct Einhard gebenedeie Euch diesen Gang,

Zweifelt gar nicht daran,

Sondern reget Euch zu einem baldigen Kram.


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S. Stahl S. 127.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 731.
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