805. Der in der Luft fahrende Kärrner.926

[761] In der Stadt Gesicke in Westphalen ist einmal ein Kärrner des Abends in ein Wirthshaus gelangt und hat daselbst verbleiben wollen, die Wirthin aber hat vorgewandt, sie könne ihn nicht beherbergen, weil viele vornehme Leute im Anzuge wären und bei ihr die Nacht bleiben wollten. Der Kärrner versetzte aber, er könne nicht weiter kommen, er wolle sich also in dem Viehstalle behelfen. Als ihm die Frau dies zugestanden, hat er sich hineinbegeben und niedergelegt, konnte aber nicht einschlafen. Da kommen nun bald des Teufels Gäste an, alle mit modischen Kleidern angethan, ihnen wird ein stattliches Tractament vorgesetzt, sie essen, trinken und sind lustig. Bald aber fliegen sie zum Fenster hinaus, nachdem sie sich mit einer Salbe geschmiert haben, die auf dem Tische stand. Als jene weg sind, macht sich der Kärrner an die Speisen, genießt davon, schmiert sich ebenso und kommt sofort in den Weinkeller einer großen Stadt, wo ihn eine der Töchter der Wirthin erkennt und ihm eine rothe Mütze giebt, die er aufsetzen soll. Er trinkt sich nun voll, vergißt aber die Mütze und bleibt im Weinkeller liegen. Den Morgen darauf wird er ertappt, vor Gericht geführt und erzählt da den ganzen Handel, zieht die ihm gegebene rothe Mütze hervor, setzt sie auf und beweist damit seine Unschuld, dann fliegt er aber damit davon und kommt wieder an seinen Ort, wo die Hexen angezeigt und verbrannt werden.

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S. Remigius Th. II. S. 442.

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Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 761.
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