807. Wie ein Bürger eine todte Kuh für eine schöne Frau gehalten hat.928

[762] Der Doctor Jacob Horst hat in seinem Tractat von dem güldenen Zahne eines schlesischen Knabens erzählt, es seien einst drei Bürger aus Lemgo über Land gereist und seien in einen Wald gekommen, da habe der eine seines Bedünkens nach eine überaus schöne Jungfrau angetroffen, an diese habe er sich gemacht und habe sich mit ihr auf einen Seitenweg begeben, um mit ihr zu lustwandeln. Da er nun nicht zurückkam, so sind ihm seine Gefährten gefolgt und sind gewaltig erschrocken, als sie ihn das Aas einer todten Kuh umarmend finden. Sie haben ihn darauf mit heftigen Scheltworten angefahren und ausgezankt, aber endlich mit Gewalt von dem Gerippe fortreißen müssen, und da erst hat er den Teufelsbetrug erkannt, ist sehr erschrocken und hat seine Reue durch Thränen kundgegeben, aber auch hoch und theuer versichert, er habe sein Leben lang nie ein schöneres Weibsbild gesehen als das, wodurch ihn der Teufel geäfft habe.

928

S. Hildebrand, Goëtia S. 253.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 762.
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