7. Die Bienenkapelle zu Altenberg.

[5] (S. Montanus Bd. II. S. 191.)


Ein Mönch zu Altenberg, welchem die Aufsicht über die dem Kloster gehörigen Bienenstöcke aufgetragen war, ein einfältiger Mensch, hatte von der wunderbaren Kraft der heiligen Hostien z.B. bei Hagel und Gewittern, erzählen hören und kam, vom Bösen verleitet, auf den Gedanken, daß auch der Ertrag der Bienenzucht bedeutend steigen müsse, wenn man eine solche Hostie in einem der Stöcke verberge. Als nun die Bienen zur Sommerszeit die Stöcke verließen um auf der blühenden Haide zu schwärmen, da entwendete er eine heilige Hostie und steckte dieselbe in das größte und schönste Bienenfaß, das in der Mitte des Bienenhauses stand. Aber o Wunder! statt sich ferner um den Honig zu bemühen, sammelten sich alle um die süßeste der Süßigkeiten und errichteten aus dem Wachse des Bienenkorbes eine Kapelle im Kleinen, gerade wie die Altenberger Kirche mit allen Fenstern und Pfeilern, die im gegebenen Verhältniß so dünn waren wie Dornspitzen, mit Gewölben, Altären, Glocken und Verzierungen, so richtig und zierlich, wie kein Künstler es vermocht hätte. Darauf aber versammelten sich alle Bienen der Umgegend und umflogen summend den niedlichen Bau und die frommen Rehe und andere Thiere des Waldes knieten vor dem Allerheiligsten, damit es der schuldigen Verehrung nicht entbehre. Als aber am andern Morgen der Mönch kam, um nach seinen Bienen zu sehen und das Wunder gewahrte, da lief er eilig von Reue getrieben ins Kloster zum Abt zurück, gestand, was er in seiner Einfalt gethan und erzählte, was sich begeben hatte. Da zog der ganze Convent in feierlicher Prozession nach dem Bienenhause, holte die Hostie in die Kirche zurück und stellte die künstliche Kapelle der frommen Bienen zum ewigen Gedächtniß neben dem Sacramentshäuschen auf. An der Stelle aber, wo sich das Wunder ereignet hatte, ward später ein Kirchlein erbaut, welches bis jetzt noch die Bienenkapelle (Immekeppel) genannt wird. Der frevelnde Mönch aber verfiel durch göttliche Strafe in Blödsinn und starb elendiglich.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 5-6.
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