188. Die bösen Juden zu Glatz.

[199] (S. Wedekind, Gesch. d. Grafschaft Glatz S. 196.)


In Glatz befand sich früher eine große steinerne Säule, welche sich darauf bezog, daß die Juden aus der Stadt Glatz für ewige Zeiten verwiesen wurden, weil sie viele Lästerungen gegen den Sohn Gottes und seine Mutter, die h. Jungfrau Maria, desgleichen auch über die heiligen Sacramente des Neuen Testamentes ausschütteten. Namentlich haben sie im Jahre 1492 in Glatz ein altes Weib heimlich mit Geld und guten Worten dahin gebracht, daß sie die gesegnete Hostie, wenn sie communiciren würde, heimlich verstecken und ihnen bringen sollte, damit sie vielleicht nachher ihre Zauberei und Gaukelei mit derselben ausüben könnten. Als nun das Weib zum Tische des Herrn ging, hat sie das gesegnete Brod im Munde behalten und in einen Aermel fallen lassen, ist hernach hingegangen und hat es den Juden verkaufen wollen. Wie sie aber auf die Böhmische Gasse gekommen, hat sie es auf die Erde fallen lassen, welches eine Magd aufgehoben und dem Rathe soll angezeigt haben. Ein wohlweiser Rath der Stadt Glatz hat alsbald das schuldige Weib mit Gefängniß einziehen lassen und dieselbe hat auch die böse That ohne Verzug bekannt, darnach ist sie mit Zangen zerrissen und verbrannt worden. Bald darauf sind auch alle Juden aus Glatz vertrieben und es ist in demselben Jahre 1492 auf der Böhmischen Gasse auf derselben Stelle, wo sich die Begebenheit zugetragen, eine große steinerne Säule aufgerichtet worden. Später hat man die Säule verrückt, da sie im Wege hinderlich war, und an die Giebelwand des nächsten Hauses gesetzt und eingemauert, so daß man sie noch jetzt mit den ausgehauenen Figuren wohl erkennen kann.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 199.
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