325. Der Mann mit dem Kruge zu Görlitz.

[381] (Nach Haupt Bd. II. S. 81.)


Wenn man über die Neissebrücke nach Görlitz kommt, und die Neissegasse hinaufgeht, sieht man an der Ecke des einen Hauses, zwischen dem zweiten und dritten Stocke zwei Männer abgebildet, welche einen großen Wasserkrug in der Hand halten. Ueber die Bedeutung dieses Bildes circuliren aber verschiedene Sagen. Nach der einen sei einmal die Neisse so angeschwollen gewesen, daß sie von Görlitz bis Rothenburg das breite Bette gebildet habe, welches man jetzt die Aue nennt, in der Neissegasse sei aber das Wasser so hoch gestiegen, daß jene zwei Männer aus dem Fenster des dritten Stocks sich hätten einen Krug voll Wasser schöpfen können. Andere erzählen, das Bild solle zwei Trunkenbolde darstellen, die an dieser Stelle vom Blitz erschlagen worden wären. Eine dritte Sage berichtet, es seien einmal zwei Böttchermeister ohne Wissen ihrer Frauen nach Prag gegangen um das dortige Weißbier zu kosten, und mit einem Kruge voll zurückgekommen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 381.
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