329. Das Schwein auf der Landeskrone bei Görlitz.

[387] (Nach Haupt Bd. I. S. 97.)


Ein Mädchen aus Pfaffendorf hütete an der Landeskrone die Kühe eines Bauers; nun hatte dieser aber auch noch ein Schwein, welches er gewöhnlich mit den Kühen zusammen austreiben ließ. Aber das Schwein blieb nicht bei der Heerde, sondern es ging seine eigenen Wege, tief in die Büsche und blieb hier so lange, bis die Zeit kam, wo heimgetrieben ward, da kehrte es von selbst zurück und ging mit der Heerde nach Hause. Da nun dies das Schwein aber alle Tage that, so ward das Mädchen endlich neugierig und wollte wissen, wo das Schwein hinlaufe. Sie ging also das nächste Mal demselben nach in den Busch und kam so weiter und immer weiter, bis an die Landeskrone und auch hier wieder den halben Berg hinan bis in das dickste Gebüsch. Da lief es auf einmal in eine Höhle hinein, die Magd ging nach und kam so in einen Pferdestall, da standen viele Rosse[387] gesattelt und gezäumt und geharnischte Krieger in Waffen saßen dabei. Das Schwein aber war verschwunden. Die Männer aber fragten die Magd, was sie wolle und waren sehr barsch und unwillig, sagten, sie habe hier nichts zu fürchten, ihr Schwein werde sie schon wieder bekommen, sie solle machen, daß sie fortkomme. Da lief das Mädchen erschrocken davon, und erzählte Alles dem Bauer, dieser aber sagte: »Laß gut sein, das Schwein kommt schon wieder, aber wenn in der Landeskrone die Reiter wieder rumoren, da wird's bald losgehen und es wird nicht lange dauern, so wird Krieg werden.« So sprach der Bauer und so ist es auch geschehen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 387-388.
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