337. Das Sorauer Mittel gegen die Pest.

[391] (S. Magnus S. 110.)


Unter den Bauern um Sorau und Sommerfeld ward zur Pestzeit im Jahre 1612 ein teuflisches Kunststück wider die Pest gebraucht. Sie lasen aus 9 Personen 2 junge Knechte, alle beide reine Junggesellen, 1 Wittib, so 7 Jahre im Wittwenstand gesessen, und 6 Mädchen, die aber reine Jungfern sein mußten, aus. Alle diese mußten um Mitternacht am Ende[391] des Dorfes zusammenkommen. Der eine Knecht brachte nun einen Pflug mit allem Zubehör auf 4 Ochsen, der andere aber eine abgestorbene Reude, damit machte er einen Kreis, in welchen sich die Wittwe mit den Jungfern begeben und daselbst ganz nackend ausziehen mußten, es durfte auch keiner ein einziges Wörtchen entfahren. Hierauf ging die Wittwe mit der Reude voran, die Jungfern, so sich an den Pflug gespannt, zogen denselben ihr nach, und der eine Knecht ging hinter dem Pfluge her, der andere aber blieb im Kreise sitzen und hütete unterdessen die Kleider, während die anderen ums ganze Dorf eine Furche pflügten, daß die Pest nicht in dasselbe ziehen solle. Nach verrichteter Arbeit aber ging ein jedes mäuschenstill und ungemuckt nach Hause. Gleichwohl hat aber doch die Pest hin und wieder in solchen Dörfern fast alle Menschen weggerafft.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 391-392.
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