359. Der Bischof Bernhard und die Juliner.

[414] (S. Kanzow, Pommersche Chronik S. 57. Kanngießer S. 541 etc.)


Der Herzog Boleslaus Krizivousti gab sich viele Mühe, die polnischen Bischöfe dahin zu bringen, das Christenthum in dem heidnischen Pommern einzubürgern, allein diese hatten keine Lust, in die katholische Kirche eine neue Heerde einzuführen, die so groß war, daß sie nicht mit einem der polnischen Sprengel vereinigt werden konnte, sondern einen eigenen Hirten erheischte. Sie lehnten daher unter allerlei Vorwänden diesen Auftrag ab. Dagegen bot sich zu diesem Geschäfte ein römischer Bischof, Namens Bernhard, von Geburt ein Spanier, im Jahre 1122 an, der vielleicht heimlich die Hoffnung hegen mochte, auf diese Weise Bischof des neubekehrten Pommerns werden zu können. Dieser Bischof aber war zuvor in seinem Vaterlande ein Einsiedler gewesen und hatte dort ein so gottesfürchtiges Leben geführt, daß seine Landsleute ihn seiner Frömmigkeit halben nach Rom brachten und von dem Papste ein Bisthum in Spanien für ihn erlangten. Als er aber wieder nach Hause kam und hörte, daß von dem dasigen Kapitel ein anderer Bischof zu dem Stifte gewählt worden sei, so fing er deshalb keinen Streit an, sondern nahm sich vor, anderwärts zur Ausbreitung des Wortes Gottes beizutragen. Darüber kam er nach Deutschland und hörte dort, daß die Pommern noch im Unglauben wären und daß der König von Dänemark und der Herzog von Polen viel Krieg mit ihnen führten, einzig darum, damit sie sie zum wahren Glauben brächten. So zog er denn hin zum Herzog Boleslaus und zeigte ihm seine Absicht an; dieser aber freute sich hierüber sehr, gab ihm Dolmetscher mit und hieß sie ihn nach Pommern zu begleiten. Er meinte aber, es sei gut, wenn er zuerst in Wollin mit seinem Bekehrungswerke anfange, zog also nach der Stadt Julin und predigte dort und ließ seine Worte durch die Dolmetscher auslegen. Er vernichtete aber das zeitliche Leben, kasteiete heftig seinen Körper, genoß nur trockenes Brod und Wasser und wanderte in verächtlichem Anzuge und barfuß in Julin ein. Die Bürger, denen seine armselige Bekleidung auffiel, fragten ihn, »wer er sei und von wem er geschickt werde«, und als er sagte, »er sei Gottes Bote«, da antworteten sie ihm: »Gott werde so erbärmliche Diener nicht haben, er erdichte ihnen solches nur vor, er solle sich nur bald packen, sonst wollten sie ihm Beine machen.« Da hub er an zu sagen, »wie daß Gottes Sachen nicht in äußerlichem Gepränge und[414] Ansehen beständen, sondern in der Kraft und That des Geistes, und daß Gott sonderlich Einfachheit und Armuth lieb habe«, und zeigte ihnen viele Schrift und Exempel und Gleichnisse an und sagte »ihre Götter wären nur von Menschen gemacht und Klötze und Steine und hätten nicht eine Spur Lebens oder Macht in sich, könnten sich selbst nicht helfen, wie sollten sie denn also den Menschen helfen können?« Da sprachen aber die abgöttischen Priester und die Obersten der Stadt, er schwärme, und wollten ihn nicht hören, und so ergriff Bernhard eine Axt und hieb in ein Bild, das auf dem Markte wie ein Roland stand und dort, wie die Bürger sagten, zu Ehren des Kaisers Julius errichtet war, weshalb auch die Stadt Julin hieß und darum von den Bürgern sehr hoch gehalten ward, und sagte: »Gebt Acht, so dies Bild etwas vermag, so errette es sich!« Dies konnten aber die Bürger nicht vertragen, sondern sie schlugen ihn zu Boden und wollten ihn tödten, so daß ihn die Priester und Stadtobersten kaum erretten konnten. Diese nämlich wollten ihm nichts zu Leide thun aus Furcht vor ihrem Fürsten und vor Herzog Boleslaus und sagten dem Volke, sie sollten ruhig sein, denn sie hätten doch wohl gehört, wie es dereinst den Preußen ergangen sei, da sie den Adalbert, der Aehnliches gepredigt, getödtet hätten. Sie nahmen also den Bischof Bernhard sammt seinem Kaplan Peter und dem Dolmetscher, setzten ihn in ein Boot und ließen ihn hinfahren, wohin er konnte und wollte und sagten, »er solle nur den Fischen predigen, die müßten ihn anhören, sie hätten etwas Anderes zu thun.« Da nun der Bischof Bernhard sah, daß ihm die Sache nicht glücke, so dachte er, es sei ein großer Mangel, daß er selbst mit den Leuten nicht reden konnte, gab das Predigen auf, ging zu Herzog Boleslaus, berichtete ihm, was geschehen war und zog dann nach Bamberg. Dort ging er in das Kloster St. Michael und erzählte dem dasigen Bischof, wie es ihm ergangen sei, und sagte: »So einer den Pommern predigen wolle, dürfe er nicht als ein Armer kommen, sonst nähmen sie ihn nicht an.« Später aber kehrte er wieder nach Spanien zurück zum Einsiedlerleben.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 414-415.
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