459. Jochen Schulz.

[483] (Nach Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen Bd. I. S. 251 etc. [S. 209 etc. II A.])


Die kleinen schwarzen Zwerge sind auch Wilddiebe, denn sie essen gern Braten. Sie dürfen aber das Wild mit keinem Gewehr fällen, sondern stricken eigene Netze, die kein Mensch sehen kann, mit denen fangen sie es. Darum sind sie auch Feinde der Jäger und haben schon manchem Jäger das Gewehr behext, daß er nicht mehr schießen konnte. So war es auch einem Jäger gegangen, Namens Johann Schulz, der zuletzt als Kirchenvogt in der Stadt Barth gestorben ist. Dieser war auf einmal behext, er konnte nichts mehr treffen, ein so sicherer Schütze er bis dahin gewesen war. Er fragte viele Leute um Rath, wie er der Sache abhelfen könne, allein vergebens, bis ihm endlich eine alte Bettelfrau im Walde sagte, es sei sicher von einem schwarzen Zwerge sein Gewehr besprochen worden und nichts könne ihm helfen, als wenn er etwas von demselben in seinen Besitz zu bekommen suche. Sie hatte ihm zugleich einen Platz gezeigt, einen kleinen Hügel im Walde, wo die Zwerge des Nachts hinkamen um zu tanzen. Da sollte er sich denn hinschleichen, seinen Hagelbeutel nehmen und ein christliches Gebet darüber halten, dann eine Hand voll Hagel nehmen und ihn geschwind ausstreuen, wie man Erbsen zu säen pflegt, und dazu rufen: »In Gottes Namen! Satan weiche von mir!« Falle dann nur ein Körnchen auf etwas, das einem der Unterirdischen gehöre, so müßten sie es da lassen. Er solle dann den Morgen abwarten, bis die Sonne aufgegangen sei, dann werde er schon das Getroffene sehen, er solle es dann auflesen und mitnehmen und der, welcher es verloren, werde schon in seiner Herzensangst zurückkommen und sich mit ihm abfinden müssen. So hat es Jochen auch gemacht, er ist an den Ort hingegangen, hat einen tüchtigen Hagelwurf gethan und am andern Morgen hat er auf dem Hügel einen schönen silbernen Gürtel mit einem silbernen Spänglein gefunden, an dem Silber aber hat er noch die zwei Beulen gesehen, die seine Schrotkörner dort eingeschlagen hatten. Bald ist nun auch ein kleiner Schwarzer gekommen und hat mit ihm wegen der Zurückgabe seines Gürtels gehandelt, allein Jochen hat ihm selbigen nicht eher zurückgegeben, bis er ihn für gewisse Tage einen Freischuß ausgemacht hat, mittelst dessen er alles treffen konnte was er wollte.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 483.
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