603. Das Madonnenbild in der Pfarrkirche zu Danzig.

[580] (S. Karl Th. I. S. 21.)


In der St. Marienkirche befindet sich unweit des Altars in einem verschlossenen Schranke ein in Gyps modellirtes, ganz bemaltes und vergoldetes Bildniß der h. Jungfrau, deren liebliche Gesichtszüge jeden Beschauer zu[580] hoher Bewunderung hinreißen. Man sagt, der Künstler, welcher es verfertigte, sei einst eines Mordes wegen zu Danzig zum Tode verurtheilt gewesen, im Gefängniß habe er die Erlaubniß erhalten, dies Bild zu modelliren und es den Tag vor seiner bevorstehenden Enthauptung vollendet und dem Rathe mit der Bitte überschickt, dasselbe als Geschenk für die Pfarrkirche anzunehmen. Letzterer aber sei so von der Schönheit dieses Madonnenbildes hingerissen worden, daß er gemeint, wer sich so in die Züge der gebenedeiten Jungfrau habe hineindenken können, könne unmöglich schuldig sein und so habe man ihm die Strafe erlassen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 580-581.
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