621. Hexerei zu Konitz.

[593] (S. Preuß. Prov.-Blätter Bd. II. S. 105 etc.)


Im Jahre 1623 ist zu Konitz, einer Kreisstadt im Reg.-Bez. Marienwerder, ein Knecht Lorenz Lewe verbrannt worden, weil er eingestanden, daß er vor zwanzig Jahren ein polnisches Bettelweib bei acht Tagen in seiner Behausung beherbergt habe, welche ihm, weil sie gesehn, daß er an seinem Vieh großen Schaden gelitten, einen bösen Geist, Margarethe genannt, verkauft und gesagt habe: »daß er denselben, wie auch geschehen, auf seinem Boden finden werde, derselbe werde sich ihm durch Poltern anzeigen, er solle ihn aber ja nicht ärgern, sondern zufrieden lassen.« Derselbe Geist hat sich ihm auch nackend in Frauengestalt, aber ganz grau am Leibe gezeigt und er hat mit ihm gebuhlt. Dieser Geist ist jedoch zuletzt an einem Sonntage zu ihm gekommen und hat ihm befohlen, sich nach dem Stadthofe zu begeben und dem Arrendator desselben, David Woerlemann anzuzeigen, daß er die Krankheit, an welcher derselbe damals gerade litt, von der Frau des Stadtdieners, Peter Splittstoßers, der Barbara Blingkrähme her hätte, denn diese hätte ihm in einem Topfe, den sie in ihrem Heerde vergraben, darum Schelmerei angethan, weil sie von ihm einmal Milch und Brod bekommen, ein zweites Mal aber nicht. Auf dieses Bekenntniß hin ist diese gewesene Müllerstochter auch eingezogen, verhört und gefoltert worden. Sie hat bekannt, daß als sie zu Hammerstein gewohnt, sie von einer gewissen Barsaudtin einen Hausgeist, Nickel genannt, zum Geschenk bekommen habe, sie habe ihn nicht nehmen wollen, allein derselbe sei ihr wieder ihren Willen gefolgt und[593] habe ihr gedroht sie in kleine Stücke zu zerreißen, wenn sie ihn nicht behalten werde. Dieser Nickel hat zuerst ein Paar Schweinen, welche ihr ihre Pflanzen abgefressen, das Genick umgedreht, dann hat er dem Sohne des Tischlers Burchard Hinze einen Stoß gegeben, dafür daß er ihr Kind in der Schule verklatscht hatte, er hat einen ähnlichen Stoß auch dem Junker Salomo Buckwitt von Niesewang gegeben, so daß derselbe davon lange krank gelegen, weil derselbe einmal im Zanke ihrem Manne eine irdene Bierkanne am Kopfe entzweigeschlagen, sie hat auch am Osterfeste einen Zauberguß vor die Stallthüre im Hause David Woerlemanns hingemacht, weil dessen Frau ihr kein Brod hat leihen wollen, und als dieser über diese Stelle hingegangen ist, ist er von Stund an krank geworden. Einen solchen Stoß hat ihr Nickel auch einem gewissen Aschebarner geben müssen und davon ist derselbe so lange ans Bett gefesselt geblieben, bis sie seiner Frau gerathen, ihn mit Knoblauch und Branntwein heiß zu schmieren und blauen Tarant (Gentiana Pneumonantha) unter den Kopf zu legen. Sie hat auch durch denselben Nickel der Frau des Hofmeisters Georg Berend, weil diese sie geschmäht, ihr Vieh umbringen und ihre Kinder zerstücken lassen. Alle Jahre, so lange sie ihren Nickel gehabt, ist sie am Walpurgisabend auf den Blocksberg, der nach Hansfelde zu in dem Schlochauischen Gebiete liegt, auf einer Gerstell (einem Instrumente, womit man das Brod in den Backofen schiebt) aus ihrer Wohnung durch den Schornstein gefahren und hat dazu gerufen: »Auf und davon, und nirgends an!« Wenn sie dorthin gekommen ist, hat sie mit ihren Kameradinnen Grütze, Erbsen und Fleisch gegessen, dann hat ein alter Kerl auf einer Trommel und Schweinskopf gespielt und sie haben auf einer ausgespannten Leine unrechts umgetanzt, nach Vollendung dessen aber sind sie von dannen geschieden und Jeder ist auf dem Instrumente seinen Weg, da er hergekommen, wieder zurückgefahren. Wenn sie einen Zorn auf Jemanden gehabt und ihm gedroht, da ist ihr böser Geist Nickel bald als ein großer Edelmann in schwarzen Kleidern mit Handschuhen an den Händen zu ihr gekommen und hat sie mit einer Menschenstimme angeredet und gesagt: »Du mußt mir befehlen, daß ich demjenigen, auf welchen Du zürnest und dem Du gedroht hast, ein Unglück zufüge, oder wo Du es nicht willst thun, so will ich Dir den Hals entzweistoßen und in kleine Stücke zerreißen.« Sie hat auch noch andere Schandthaten mehr bekannt und ist deshalb Ende Oktober desselben Jahres lebendig verbrannt worden.

Im Jahre 1661 ist der Scharfrichter Hans Mölenbeck von Konitz nach Preußisch Friedland geholt worden, um daselbst eine Hexe, die Troiksche genannt, zu foltern, er ist aber in demselben Augenblicke, wo er ihr die Werkzeuge anlegen wollte, todt hingefallen und gestorben, die Hexe aber hat nachher bekannt, daß ihr böser Geist denselben umgebracht hatte.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 593-594.
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