657. Historie von einer Katze, so viele Menschen umgebracht hat.

[612] (S. Hennenberger S. 403.)


Im Jahre 1481 geschah es zu Rossitten in einem Kruge, daß oftmals etliche Gäste, die da geherbergt hatten, des Morgens auf der Streu todt gefunden wurden, Jedermann verwunderte sich darüber, wie das zuging, der Krüger ward festgenommen und gefragt, ob er das Bier vergiftet habe, man konnte ihm aber nichts anhaben. Einstmals aber trug es sich zu, daß ein Haufen Lievländer dort herbergten, da kamen auch etliche Samaiten, die legten sich nach der Zeit auf die Streu und schliefen. Die Stube war unten mit Dielen belegt und in der Mitte war eine Säule oder Ständer, von der unten die Hälfte verfault war, und die ein großes Loch hatte, da kam eine Katze an das Loch und miaute, und sogleich hüpfte eine große Kröte heraus, welche die Katze eine gute Weile leckte, dann ging diese zu den Samaiten auf die Streu, von einem zum andern und pustete ihnen unter die Augen, die Samaiten aber waren am andern Morgen alle todt. Dies zeigten die Lievländer dem Pfleger an, und dieser, um die Wahrheit zu erfahren, ließ einen armen Sünder, der den Hals verwirkt hatte, sich volltrinken und dann im Kruge schlafen und auf den Wirth Achtung geben. Da that die Katze wie zuvor und der arme Kerl starb bald davon, nun brach man die Säule weg und der Pfleger ließ Kröte und Katze in eine Tonne verspinden und sie mit dem Kruge verbrennen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 612.
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