673. Die Maid von Kreuzburg.

[620] (S. Preuß. Prov.-Bl. 1837 S. 231. Temme S. 188. Poetisch behandelt v. Thiele a.a.O. S. 95.)


Am Rande eines anmuthigen Thales, das die Wellen des Keisters durchziehen, durch eine Schlucht von der fortlaufenden Hügelreihe getrennt, erhebt sich der Berg, auf welchem ehedem die alte Kreuzburg stand; aus dem Fuße desselben ergießt sich durch eine hineingeschobene Röhre ein starker Strahl des schönsten Quellwassers, oben auf der Höhe aber steht noch ein gemauerter Bogen, ein Ueberbleibsel des Schlosses der Ordensritter. Hier sieht man in den noch vorhandenen Trümmern um Mitternacht eine weißgekleidete Jungfrau herumirren, die sich an der Quelle ihr blondes, goldgelbes Haar kämmt. Einst sah sie hier ein Bauer, er grüßte sie ein- und zweimal, als sie ihm aber nicht dankte, ging er schimpfend von dannen, allein als er fort war, da weinte die Jungfrau und sprach: »Ach, hättest Du auch noch ein drittes Mal gegrüßt, da wäre ich erlöst gewesen.«

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 620.
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